Arbeitszeiterfassung – Aktueller Stand (30.05.2023)
Die Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts (BAG) vom 13.09.2022 hat in der Arbeitswelt für großes Aufsehen gesorgt. Das höchste Arbeitsgericht hatte entschieden, dass Arbeitgeber in Deutschland verpflichtet sind, ein System zur Arbeitszeiterfassung einzuführen. Das BAG hat sich dabei auf die Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) berufen. Einzelheiten hierzu entnehmen Sie bitte unseren FAQs „Arbeitszeiterfassung“.
1. Zusammenfassung und Erläuterung der EU-Kommission
Die EU-Kommission hat am 24.03.2023 eine umfangreiche Auslegungshilfe zur Arbeitszeitrichtlinie veröffentlicht. Das PDF umfasst 65 Seiten und versucht, die Europäischen Vorgaben zur Arbeitszeitgestaltung (Pausen, Ruhezeit, Höchstarbeitszeiten, Urlaub, Nachtarbeit/Schichtarbeit, Bereitschaftsdienst, Rufbereitschaft etc.) zusammenzufassen.
Auf Seite 21 wird auch auf die Arbeitszeiterfassung eingegangen. Darin stellt die EU-Kommission nochmals klar, dass es im Ermessen der Mitgliedstaaten liegt, „die konkreten Modalitäten zur Umsetzung eines Systems zur Arbeitszeiterfassung festzulegen.“
2. Referentenentwurf zur Neuregelung der Arbeitszeiterfassung
Wie unmittelbar nach der Entscheidung des BAG vom 13.09.2022 bereits angekündigt, hat das Bundesministerium für Arbeit und Soziales (BMAS) am 18.04.2023 einen ersten Referentenentwurf zur Änderung des Arbeitszeitgesetzes vorgelegt. Damit möchte die Bundesregierung von ihrer Ausgestaltungskompetenz Gebrauch machen und „die konkreten Modalitäten“ zur Arbeitszeiterfassung festlegen.
Der Referentenentwurf lässt noch viele Fragen offen. Es werden derzeit Stellungnahmen von Arbeitgeberverbänden, Gewerkschaften und Branchenverbänden erwartet. Das Gesetz soll dann zeitnah eingebracht werden und könnte – laut BMAS – ggf. bereits 2023 in Kraft treten. Hier die wesentlichen Eckpunkte des derzeitigen Entwurfes:
a. Tägliche elektronische Zeiterfassung (§ 16 Abs. 2 RefE-ArbZG)
Der Entwurf sieht vor, dass die Erfassung der Arbeitszeit grundsätzlich elektronisch und am Tag der Arbeitsleistung erfolgen muss.
b. Ausnahmen und Übergangszeiten zur elektronischen Zeiterfassung
Arbeitgeber mit nicht mehr als 10 Mitarbeitern sollen generell von der Verpflichtung zur elektronischen Aufzeichnung ausgenommen sein.
Zudem ist für alle Arbeitgeber eine Übergangszeit von 1 Jahr vorgesehen. Die Frist soll sich für Arbeitgeber mit weniger als 250 Mitarbeiter auf 2 Jahre und für Arbeitgeber mit weniger als 50 Mitarbeiter auf 5 Jahre verlängern.
Ferner sollen Tarifverträge Ausnahmen von der elektronischen Aufzeichnungspflicht vorsehen können.
Diese vorgenannten Ausnahmen betreffen lediglich die Verpflichtung zur „elektronischen“ Zeiterfassung. Auch in diesen Ausnahmefällen muss daher die Arbeitszeit erfasst werden, dies darf dann allerdings z.B. händisch auf Papier erfolgen.
c. Leitende Angestellte
Weiterhin nicht ausdrücklich geklärt ist die Frage, ob die Aufzeichnungspflicht auch für leitende Angestellte gelten soll. Siehe hierzu unsere FAQ „6. Gilt die Aufzeichnungspflicht auch für leitende Angestellte und Geschäftsführer?“
d. Delegierung der Aufzeichnung
regelt hierzu nichts anderes.beitszeiten an die Mitarbeiter zu delegieren. Siehe hierzu unsere FAQ „8. Darf der Arbeitgeber die Zeiterfassung an seine Mitarbeiter delegieren?“.
e. Vertrauensarbeitszeit bleibt möglich
Vertrauensarbeitszeit soll möglich bleiben. Siehe hierzu unsere FAQ „9. Kann (weiterhin) Vertrauensarbeitszeit vereinbart werden?“ In diesem Fall müssten die Arbeitszeiten von den Arbeitnehmern dokumentiert werden. Der Arbeitgeber muss dann durch „geeignete Maßnahmen“ sicherstellen, dass ihm Verstöße gegen die gesetzlichen Arbeitszeitbestimmungen bekannt werden.
f. Bußgelder
Nach dem Referentenentwurf sollen Verstöße des Arbeitgebers gegen die Verpflichtung zur Arbeitszeiterfassung mit Bußgeld in Höhe von bis zu 30.000 € geahndet werden können.
Wenn Sie darüber hinaus Fragen haben, schicken Sie uns gern eine E-Mail (info@gssr.de) oder rufen uns an auf unserer Hotline für Arbeitsrecht: 0221-39924-20.
30.05.2023
Jörg Garben
Rechtsanwalt und Fachanwalt für Arbeitsrecht Rechtsanwalt Garben ist seit 1999 als Rechtsanwalt zugelassen und führt seit 2004 den Titel Fachanwalt für Arbeitsrecht. Zu seinen Mandanten zählen Arbeitgeber, Arbeitnehmer, Betriebsräte sowie Geschäftsführer und Vorstände. Er hat zahlreiche Artikel und Urteilsbesprechungen im Bereich Arbeitsrecht und GmbH-Recht publiziert und ist Mitherausgeber des vierbändigen Praxishandbuch Arbeitsrecht (Düwell / Weyand / Garben) aus dem Deubner Verlag. Rechtsanwalt Garben hält regelmäßig Vorträge vor Unternehmern und Führungskräften (u.a. „Arbeitsrecht für Führungskräfte“, „Aktuelle Probleme im Arbeitsrecht aus Sicht des Mittelstandes“, „Die Haftung des GmbH-Geschäftsführers“).



Über den Autor
Rechtsanwalt und Fachanwalt für Arbeitsrecht
Rechtsanwalt Garben ist seit 1999 als Rechtsanwalt zugelassen und führt seit 2004 den Titel Fachanwalt für Arbeitsrecht. Zu seinen Mandanten zählen Arbeitgeber, Arbeitnehmer, Betriebsräte sowie Geschäftsführer und Vorstände.
Er hat zahlreiche Artikel und Urteilsbesprechungen im Bereich Arbeitsrecht und GmbH-Recht publiziert und ist Mitherausgeber des vierbändigen Praxishandbuch Arbeitsrecht (Düwell / Weyand / Garben) aus dem Deubner Verlag. Rechtsanwalt Garben hält regelmäßig Vorträge vor Unternehmern und Führungskräften (u.a. „Arbeitsrecht für Führungskräfte“, „Aktuelle Probleme im Arbeitsrecht aus Sicht des Mittelstandes“, „Die Haftung des GmbH-Geschäftsführers“).
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