Schadensersatzanspruch von Eltern bei Nichterhalt eines Kindergartenplatzes (Kita-Platz)

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Bereits im Jahr 2016 hat der Bundesgerichtshof (BGH) entschieden, dass Eltern unter bestimmten Voraussetzungen einen Anspruch auf Schadensersatz in Form der Zahlung des entgangenen Lohnes gegen den zuständigen Träger der öffentlichen Jugendhilfe haben, wenn dieser den Eltern keinen Kindergartenplatz für ihr Kind zugesprochen hat (BGH, Urt. v. 20.10.2016 – III ZR 278/15 – III ZR 302/15 – III ZR 303/15 -, juris).

Rechtzeitige Anmeldung

Voraussetzung ist zunächst, dass die Eltern den Bedarf für ihr zu betreuendes Kind rechtzeitig anmelden. Dementsprechend müssen die Eltern ihr Kind rechtzeitig in einem Kindergarten (Kita) anmelden, um einen Kindergartenplatz/Kita-Platz zu erhalten.

Vollendung des ersten Lebensjahres

Um einen Schadensersatzanspruch geltend machen zu können, muss der gesetzliche Anspruch auf einen Kindergartenplatz (Kita-Platz) gegeben sein. Dies ist regelmäßig mit Vollendung des ersten Lebensjahres zu bejahen. Das Kind muss also schon seinen ersten Geburtstag hinter sich haben.

Amtspflichtverletzung

Weiter muss eine Amtspflichtverletzung des Trägers der öffentlichen Jugendhilfe vorliegen. Diesen trifft die Pflicht der Zuweisung eines zumutbaren Platzes in einer Kindertageseinrichtung oder in der Kindertagespflege. Dabei ist zu beachten, dass den Eltern nicht jeder Kindergartenplatz/Kita-Platz, der ihnen angeboten wird, zumutbar ist. Die Zumutbarkeit kann zum Beispiel aufgrund der Fahrtzeit zu der Kita zu verneinen sein. Hier kommt es immer auf den Einzelfall an. Die Nichterfüllung des Anspruchs auf frühkindliche Förderung gemäß § 24 Abs. 2 SGB VIII stellt in der Regel zugleich die Amtspflichtverletzung dar, weil kein Betreuungsplatz zur Verfügung gestellt wird.

Schutzbereich

Dabei hat der BGH auch entschieden, dass nicht nur die Interessen des zu betreuenden Kindes durch die Amtspflicht geschützt werden, sondern ebenso die Interessen der personensorgeberechtigten Eltern in diesen Schutzbereich der Amtspflicht einbezogen werden müssen.

Verschulden

Schließlich ist darüber hinaus auch ein Verschulden des zuständigen Trägers der öffentlichen Jugendhilfe erforderlich. Hier greift jedoch zu Gunsten des zu betreuenden Kindes und seiner Eltern ein Anscheinsbeweis. Dieser stellt eine Beweiserleichterung dar und greift bereits dann ein, wenn der zuständige Träger der öffentlichen Jugendhilfe seiner Pflicht, einen rechtzeitig beantragten Betreuungsplatz zur Verfügung zu stellen, nicht nachkommt. In diesem Zusammenhang hat der BGH unter Verweis auf eine Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG) bereits klargestellt, dass ein Berufen  auf allgemeine finanzielle Engpässe nicht möglich ist, da der zuständige Träger der öffentlichen Jugendhilfe nach der gesetzgeberischen Entscheidung für eine ausreichende Anzahl an Betreuungsplätzen grundsätzlich uneingeschränkt und insbesondere ohne „Kapazitätsvorbehalt“ (BVerfG, Urt. v. 21.07.2015 – 1 BvF 2/13 -, juris Rn. 43) einstehen muss.

Urteil

Weil eine vor dem Oberlandesgericht Frankfurt (OLG Frankfurt) klagende Mutter keinen Kita-Platz für Ihr Kind bekommen hat, sprach ihr das OLG unter Berufung auf die Rechtsprechung des BGH, der sich das OLG vollumfänglich anschloss, Schadensersatz von mehr als € 23.000,00 wegen entgangenen Lohnes zu (OLG Frankfurt, Urt. v. 28.05.2021 – 13 U 436/19 –, juris).