Erhebung des Solidaritätszuschlags noch nicht verfassungswidrig

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Der Bundesfinanzhof musste sich mit der Frage beschäftigen, ob die Erhebung des Solidaritätszuschlags verfassungsgemäß ist.

1. Änderung der Freigrenzen

Der Gesetzgeber hat bei der letzten Änderung des SolZG festgelegt hat, dass der Solidaritätszuschlag seit 1. Januar 2021 erst erhoben wird, wenn die Einkommensteuer mehr als 16.956 bzw. bei einer Zusammenveranlagung mehr als 33.912 € pro Jahr beträgt.

Aufgrund der erhöhten Freigrenzen zahlt nur noch ein geringer Anteil der Steuerpflichtigen den Solidaritätszuschlag.

2. Verstoß gegen das Grundgesetz

Die steuerpflichtigen Kläger hatten bereits vor dem Finanzgericht Nürnberg versucht, feststellen zu lassen, dass das SolZG 1995 i.d.F. durch Art. 4 des 2. FamEntlastG vom 01.12.2020 gegen Art. 3 Abs. 1, Art. 6 Abs. 1 oder Art. 14 des Grundgesetzes verstößt. Nachdem das Finanzgericht die Klage abwiesen hatte, gelangte die Frage durch die eingelegte Revision vor den Bundesfinanzhof.

Die Kläger begründeten ihre Rechtsansicht mit dem Hinweis auf das Auslaufen des Solidarpakts II und dem Ende der Aufbauhilfen für die neuen Bundesländer im Jahr 2019 sowie die damit verbundene Neuregelung des Länderfinanzausgleichs. Der Solidaritätszuschlag könne nur als Ergänzungsabgabe nur zur Abdeckung von Bedarfsspitzen erhoben werden und sein Ausnahmecharakter verbiete eine dauerhafte Erhebung.

Die angeführten Begründungen durch neue Zusatzlasten, wie etwa die Kosten im Zusammenhang  mit der Coronapandemie bzw. dem Ukraine-Krieg, könnten den Solidaritätszuschlag nicht rechtfertigen.

Aus diesem Grunde handele es sich nach Ansicht der Kläger bei dem Solidaritätszuschlag um eine verkappte „Reichensteuer“, die gegen den im Grundgesetz verankerten Gleichheitsgrundsatz verstoße.

3. Ansicht des Bundesfinanzhofs

Der Bundesfinanzhof ist der Argumentation nicht gefolgt. Zur Begründung führte er aus, dass es sich bei dem Solidaritätszuschlag in Jahren 2020 und 2021 um eine verfassungsrechtlich zulässige Ergänzungsabgabe handele und daher eine Vorlage der Sache an das Bundesverfassungsgericht nicht geboten sei.

a. Ergänzungsabgabe

Eine Ergänzungsabgabe nach Art. 106 Abs. 1 Nr. 6 des Grundgesetzes habe die Funktion, einen zusätzlichen Finanzbedarf des Bundes ohne Erhöhung der übrigen Steuern zu decken. Dabei sei weder eine Befristung notwendig und der Mehrbedarf für die Ergänzungsabgabe könne sich auch für längere Zeiträume ergeben.

Unzulässig wäre aber die Deckung eines dauerhaften Finanzbedarf über eine Ergänzungsabgabe. Deshalb kann eine verfassungsgemäß beschlossene Ergänzungsabgabe dann verfassungswidrig werden, wenn sich die Verhältnisse, die für ihre Einführung maßgeblich waren, grundsätzlich ändern oder wenn eine dauerhafte Finanzierungslücke entstanden ist.

b. Auslaufen des Solidarpakts II

Der Bundesfinanzhof sah keine zwingende rechtstechnische Verbindung zwischen dem Solidarpakt II, dem Länderfinanzausgleich und dem Solidaritätszuschlag. Eine Beendigung des Solidarpakts II führte damit nicht zwangsläufig zu einem Ende des Solidaritätszuschlags.

Der Gesetzgeber hat weiterhin schlüssig dargelegt, dass die Einnahmen aus dem Solidaritätszuschlag ab 2021 die fortbestehenden wiedervereinigungsbedingten Kosten nicht decken werden. Auch in den Jahren 2020 und 2021 gesteht ein wiedervereinigungsbedingter Finanzbedarf des Bundes. Der Gesetzgeber hat in der Gesetzesbegründung auf diesen fortbestehenden Bedarf, der unter anderem im Bereich der Rentenversicherung und des Arbeitsmarkts gegeben war, hingewiesen.

c. Reichensteuer

Das Gericht sah keinen Verstoß gegen den allgemeinen Gleichheitssatz (Art. 3 Abs. 1 des Grundgesetzes). Es sei richtig, dass ab dem Jahr 2021 aufgrund der erhöhten Freigrenzen nur noch die Bezieher höherer Einkommen mit Solidaritätszuschlag belastet werden.

Die darin liegende Ungleichbehandlung ist nach Ansicht des Gerichts aber gerechtfertigt. Bei Steuern, die wie die Einkommensteuer und damit auch der Solidaritätszuschlag an der Leistungsfähigkeit des Steuerpflichtigen ausgerichtet sind, ist die Berücksichtigung sozialer Gesichtspunkte zulässig. Daher kann auch der Gesetzgeber beim Solidaritätszuschlag, der im wirtschaftlichen Ergebnis eine Erhöhung der Einkommensteuer darstellt, sozialen Gesichtspunkten Rechnung tragen und diesen auf Steuerpflichtige mit hohen Einkünften beschränken.

4. Ergebnis

Insgesamt hatte der Bundesfinanzhof keine rechtliche Bedenken gegen die derzeitige Ausgestaltung des Solidaritätszuschlags. Allerdings sollte die Situation zukünftig beobachtet werden, da die Regelung verfassungswidrig werden könnte, wenn die Ergänzungsabgabe aufgrund der Dauer die Stellung einer Steuer einnimmt und damit Erhebung in der Form des Solidaritätszuschlags damit unzulässig wird.