Die Frage, wann Zahlungen im Zusammenhang mit einer Beteiligung an einer GmbH steuerlich als Anschaffungskosten zu werten sind, führt immer wieder zu Verfahren mit der Finanzverwaltung. Erst wenn die Frage nach den Anschaffungskosten bejaht wurde, sind Aufwendungen nach § 17 Einkommensteuergesetz (EStG) zu berücksichtigen.
Der Bundesfinanzhof (BFH) hat in seiner Entscheidung vom 20.07.2018, Az. IX R 5/15 folgenden Fall zu beurteilen:
Die Gesellschafter einer GmbH hatten sich für Schulden der Gesellschaft gegenüber einer Bank persönlich verbürgt. Daneben diente auch ein Grundstück der Gesellschafter als Sicherheit für die Darlehen der Bank.
Nachdem die GmbH den Geschäftsbetrieb eingestellt hatte, veräußerten die Gesellschafter das als Sicherheit gestellte Grundstück und überwiesen einen Teil des erzielten Kaufpreises an die GmbH. Der Betrag wurde der Kapitalrücklage der GmbH zugeführt, um eine Liquidation der GmbH verhindern. Die GmbH verwendete den zur Verfügung gestellten Betrag zur Ablösung der Darlehensverbindlichkeiten gegenüber der Bank und die Gesellschafter wurden aus der Haftung entlassen.
I. Veräußerung des GmbH Anteils
Die Gesellschafter veräußerten dann ihre Geschäftsanteile für 0 Euro und machten in ihren Steuererklärung den in die Kapitalrücklage geleisteten und zur Tilgung der Verbindlichkeiten verwendeten Betrag als nachträgliche Anschaffungskosten gemäß § 17 EstG steuermindernd geltend. Ebenso machten sie das ursprünglich nach § 5 GmbHG geleistete Stammkapital steuerlich als Aufwendung geltend.
II. Ansicht der Finanzverwaltung
Während die Finanzverwaltung das geleistete Stammkapital steuermindernd berücksichtige, lehnte sie die Geltendmachung der Zahlungen in die Kapitalrücklage, ebenso wie das Finanzgericht Düsseldorf, ab.
Zur Begründung wurde angeführt, dass wirtschaftlich betrachtet, die Zahlungen lediglich zur Ablösung der Sicherheiten dienten. Im Hinblick auf die Zahlung der GmbH an die Bank, die der Ablösung der Grundschuld gedient habe, seien den Gesellschaftern bereits deshalb keine nachträglichen Anschaffungskosten entstanden, weil ihnen zu keinem Zeitpunkt ein werthaltiger Rückgriffsanspruch gegen die GmbH zugestanden habe.
Soweit die Zahlung der GmbH zur Ablösung der Bürgschaft erfolgt sei, seien im Streitfall die Grundsätze des Eigenkapitalersatzrechts weiterhin anzuwenden. Nach diesen Grundsätzen sei davon auszugehen, dass die Bürgschaft der Gesellschafter bei Kriseneintritt eigenkapitalersetzend geworden sei und daher die Rückgriffforderung mit ihrem gemeinen Wert im Zeitpunkt des Kriseneintritts anzusetzen sei, der wesentlich geringer als die tatsächlichen Zahlungen der Gesellschafter war.
Der Wertung ist der Bundesfinanzhof entgegengetreten.
III. Was ist ein Veräußerungsgewinn gemäß § 17 EStG?
Ein Veräußerungsgewinn i.S. von § 17 Abs. 1 EStG ist gemäß Abs. 2 Satz 1 der Betrag, um den der Veräußerungspreis nach Abzug der Veräußerungskosten die Anschaffungskosten übersteigt. Dabei sind Anschaffungskosten gemäß § 255 Abs. 1 Satz 1 des Handelsgesetzbuchs (HGB) die Aufwendungen, die geleistet werden, um einen Vermögensgegenstand zu erwerben und ihn in einen betriebsbereiten Zustand zu versetzen, soweit sie dem Vermögensgegenstand einzeln zugeordnet werden können. Zu den Anschaffungskosten gehören die nachträglichen Anschaffungskosten (§ 255 Abs. 1 Satz 2 HGB).
IV. Wann sind nachträglichen Anschaffungskosten zu berücksichtigen?
Bei der Frage, ob nachträgliche Anschaffungskosten einer Beteiligung zur berücksichtigen sind, war nach bisheriger Rechtsprechung des BFH entscheidend, ob sie eigenkapitalersetzend war. Der eigenkapitalersetzende Charakter wurde bejaht, wenn der Gesellschafter der Gesellschaft zu einem Zeitpunkt, in dem ihr die Gesellschafter als ordentliche Kaufleute nur noch Eigenkapital zugeführt hätten (Krise der Gesellschaft), stattdessen ein Darlehen oder eine Bürgschaft zur Verfügung gestellt hätten. Lagen diese Voraussetzungen nicht vor, hatte die Finanzierungshilfe (auch gesellschaftsrechtlich) nicht die Funktion von Eigenkapital und der Gesellschafter war insofern wie jeder Drittgläubiger zu behandeln (Fremdkapital) und ein steuerlicher Ansatz wurde abgelehnt.
Da aber zwischen zeitlich die Aufhebung des in § 32a GmbHG a.F. kodifizierten Eigenkapitalersatzrechts durch das MoMiG und die Einführung eines gesetzlichen Nachrangs sämtlicher Gesellschafterfinanzierungen im Insolvenzfall erfolgt, hat der BFH neue Maßstäbe für die steuerliche Berücksichtigung von Aufwendungen des Gesellschafters aus bisher eigenkapitalersetzenden Finanzierungshilfen als nachträgliche Anschaffungskosten i.S. des § 17 EStG entwickelt
Jetzt ist der handelsrechtliche Begriff der Anschaffungskosten auch der Beurteilung nach § 17 Abs. 2 EStG zugrunde zu legen. Danach können den nachträglichen Anschaffungskosten der Beteiligung grundsätzlich nur solche Aufwendungen des Gesellschafters zugeordnet werden, die nach handels- und bilanzsteuerrechtlichen Grundsätzen zu einer offenen oder verdeckten Einlage in das Kapital der Gesellschaft führen. Darunter fallen insbesondere Nachschüsse i.S. der §§ 26 ff. GmbHG, sonstige Zuzahlungen nach § 272 Abs. 2 Nr. 4 HGB wie Einzahlungen in die Kapitalrücklage, Barzuschüsse oder der Verzicht auf eine werthaltige Forderung.
Daher waren die Zahlungen in die Kapitalrücklage steuerlich zu berücksichtigen.
Der BFH lehnte auch die Ansicht der Finanzverwaltung ab, dass in dieser Handhabung (Zahlung in die Kapitalrücklage) ein Gestaltungsmißbrauch i.S. des § 42 Abs. 1 Satz 1 AO vorläge und gab der Klage statt.
V. Hinweise
Prüfen Sie, wenn Sie im Zusammenhang mit einer GmbH Aufwendungen getätigt haben, ob eine steuerliche Geltendmachung in Betracht kommt