Fehlende öffentliche Erschließung – besteht ein Nachbarschutz?

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Eine Baugenehmigung setzt eine öffentliche Erschließung des (Bau-)Grundstücks voraus. Streng genommen muss das Grundstück in bauplanungsrechtlichen Sinne, beispielsweise gemäß § 30 Abs. 1 BauGB, und im bauordnungsrechtlichen Sinne gemäß § 4 Abs. 1 BauO NRW öffentlich erschlossen sein.

Das macht es aber nicht nur erforderlich, dass das Grundstück an einer öffentlichen Straße bzw. Verkehrsfläche liegt bzw. zumindest ein Zugang oder eine Zufahrt zu einer solchen gesichert ist. Vielmehr ist erforderlich, das Grundstück mit Löschwasser zu versorgen oder ordnungsgemäß zu entwässern.

Gelegentlich werden jedoch Baugenehmigungen erteilt, obwohl eine ordnungsgemäße Erschließung nicht gesichert ist, weil beispielsweise das Grundstück als sogenanntes Hinterliegergrundstück nicht an einer öffentlichen Straße liegt.

Nicht selten führt dies dazu, dass die notwendige öffentliche Erschließung nachträglich über das Nachbargrundstück herzustellen ist. Soweit der Nachbar damit einverstanden ist, besteht kein Problem.

Schwierig sind jedoch die Fälle, in denen der Nachbar nicht einverstanden ist, weil ihm Nachteile drohen.

Ein Nachteil besteht beispielsweise dann, wenn der Bauherr darauf angewiesen ist, das er sein Hinterliegergrundstück über das Grundstück des Nachbarn anfahren kann. Hier steht ihm unter den gesetzlichen Voraussetzungen des § 917 Abs. 1 BGB ein Notwegerecht zu. Der Nachbar muss dies also dulden.

Ebenso entsteht ein Nachteil, wenn das Baugrundstück auf das Nachbargrundstück entwässert wird.

Problematisch ist jedoch, ob der Nachbar sich hiergegen zu Wehr setzen kann, indem er gegen die Baugenehmigung klagt.

Grundsätzlich besteht ein Klagerecht nur dann, wenn ein Verstoß gegen nachbar- bzw. drittschützende öffentlich-rechtliche Regelungen vorliegt und der Nachbar hierdurch in seinen Rechten verletzt ist.

Die gesetzlichen Regelungen zur öffentlichen Erschließung gemäß § 30 Abs. 1 BauGB und § 4 Abs. 1 BauO NRW vermitteln aber grundsätzlich keinen Nachbarschutz. Sie dienen nämlich nur dem Interesse der Allgemeinheit. Dies bestätigte das Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen (OVG NRW) jüngst in seinem Beschluss vom 28.02.2022, Az.: 10 B 1826/21.

Nur in Ausnahmefällen kann der Nachbar deshalb mit Erfolg die Baugenehmigung angreifen, wenn die öffentliche Erschließung nicht gesichert ist. Das gilt beispielsweise dann, wenn die Ausübung der Baugenehmigung zwangsläufig zu einer Eigentumsbeeinträchtigung des Nachbargrundstücks führen muss.

Gerne prüfen wir für Sie, ob eine solche Ausnahme in Ihrem Fall vorliegen könnte.