Anschaffungsnahe Herstellungskosten bei Immobilien

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Die Frage, ob Investitionen des Eigentümers nach dem Erwerb einer Immobile in den ersten drei Jahren anschaffungsnahe Herstellungskosten oder Werbungskosten darstellen, führt immer wieder zu Streit mit den Finanzämtern.

1. Wann liegen Werbungskosten vor? Wann liegen anschaffungsnahe Herstellungskosten vor?

Der Hintergrund des Streites ist, dass Werbungkosten sofort steuerlich geltend gemacht werden können, während anschaffungsnahe Herstellungskosten gegebenenfalls nach § 7 Abs. 4 Einkommensteuergesetz (EstG) mit jährlich 2 Prozent, d.h. über 50 Jahre, angesetzt werden müssen. Aufgrund dieser großen steuerlichen Unterschiede, ist die Frage ob anschaffungsnahe Herstellungskosten vorliegen oder nicht wesentlich.

Nach § 6 Abs. 1 Nr. 1a EStG gehören zu den Herstellungskosten eines Gebäudes auch Aufwendungen für Instandsetzungs- und Modernisierungsmaßnahmen, die innerhalb von drei Jahren nach der Anschaffung des Gebäudes durchgeführt werden, wenn die Aufwendungen ohne die Umsatzsteuer 15 Prozent der Anschaffungskosten des Gebäudes übersteigen (anschaffungsnahe Herstellungskosten).

Das niedersächsische Finanzgericht hat nun in der Sache Az.  12 K 113/16 am 29.09.2017 ein Urteil gefällt und die Kriterien für die Abgrenzung zwischen Werbungskosten und Anschaffungskosten aufgeführt.

Die Kläger hatten eine Wohnung gekauft und dann innerhalb der ersten drei Jahre das Bad erneuert, die Elektrik und zwei Fenster ausgetauscht und ein Glas in einer Wohnungszimmertüre ausgewechselt. Die Kosten wurden bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung als Werbungskosten geltend gemacht. Zur Begründung wurde angeführt, dass es sich um Schönheitsreparaturen gehandelt habe. Allerdings wäre die Wohnung ohne die Aufwendungen nicht vermietbar gewesen.

2. Was sind Herstellungskosten?

Nach § 255 Abs. 2 Satz 1 HGB bestimmt sich, dass zu den Herstellungskosten die Aufwendungen gehören, die durch den Verbrauch von Gütern und die Inanspruchnahme von Diensten für die Herstellung eines Vermögensgegenstandes, seine Erweiterung oder für eine über seinen ursprünglichen Zustand hinausgehende wesentliche Verbesserung entstehen.

Bei Gebäuden gehören nach § 6 Abs. 1 Nr. 1a S. 1 i.V.m. § 9 Abs. 5 S. 2 EStG auch Aufwendungen für Instandsetzungs- und Modernisierungsmaßnahmen, die innerhalb von drei Jahren nach der Anschaffung des Gebäudes durchgeführt werden und ohne Umsatzsteuer 15 Prozent der Anschaffungskosten übersteigen. Im vorliegenden Rechtsstreit wurde die Grenze von 15% überschritten, d.h. die Kosten für die Instandsetzung- und Modernisierung betrugen mehr als 15% der Anschaffungskosten.

Nach der neuen Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (Urteil vom 14.6.2016, Az.: IX R 22/15) gehören auch reine Schönheitsreparaturen sowie Maßnahmen, die das Gebäude erst betriebsbereit – vermietbar machen oder die es über den ursprünglichen Zustand hinaus wesentlich verbessern – zu den „Instandsetzungs- und Modernisierungsmaßnahmen“ i.S.d. § 6 Abs. 1 Nr. 1a S. 1 EStG. Folglich werden nunmehr grundsätzlich sämtliche Kosten für bauliche Maßnahmen, die im Rahmen einer im Zusammenhang mit der Anschaffung eines Gebäudes vorgenommenen Sanierung anfallen, zusammengerechnet.

Das Gericht lehnte eine Aufteilung der Gesamtkosten bzw. eine isolierte Betrachtung einzelner baulicher Maßnahmen ab. Eine Aufteilung von Teilbeträge der angefallenen Gesamtkosten einer einheitlichen Maßnahme (z.B. nur für die Badsanierung) lehnt das Finanzgericht ebenfalls ab und wollte diese Kosten nicht den Schönheitsreparaturen und damit den Werbungskosten zurechnen.

Das Gericht hat dann folglich alle Kosten nur im Rahmen der Absetzungen für Abnutzungen (AfA) berücksichtigen (§ 9 Abs. 1 S. 3 Nr. 7 i.V.m. § 7 Abs. 1, 4 und 5 EStG).

3. Revision

Die Entscheidung des Finanzgerichtes ist noch nicht rechtskräftig, da die Revision vor dem Bundesfinanzhof (Az.: IX R  41/17)anhängig ist.

4. Praxistipp

  • Beachten Sie die drei Jahresfrist und die prozentualen Vorgaben für Investition bei Immobilien
  • Halten Sie mögliche negative Steuerbeschiede durch Einsprüche offen und warten Sie die Entscheidung des Bundesfinanzhofes ab.