Bestandskraft von Steuerbescheiden

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Mit Ablauf der Einspruchsfrist, die einen Monat beträgt, wird ein Steuerbescheid für den Steuerpflichtigen bestandskräftig, d.h. er ist für den Steuerpflichtigen in der Regel nicht mehr änderbar. Es gibt zwar Ausnahmen, diese sind aber begrenzt, z.B. wenn der Steuerbescheid unter dem Vorbehalt der Nachprüfung (§ 164 Abgabenordnung) ergangen ist oder lediglich eine vorläufige Steuerfestsetzung (§ 165 Abgabenordnung) erfolgte.

1. Folgen der Bestandskraft

Die Bestandskraft hat aber auch zur Folge, dass das Finanzamt Steuerbescheide zu Lasten der Steuerpflichtigen nur noch eingeschränkt ändern kann. Dieses gilt allerdings nicht, wenn ein Fall der Steuerhinterziehung vorliegt.

Im vorliegenden Rechtsstreit vor dem Finanzgericht Münster wehrte sich ein Steuerpflichtiger gegen einen nach § 129 Abgabenordnung geänderten Steuerbescheid, der nachträglich höhere Renteneinkünfte berücksichtigen sollte. Diese hätte eine Steuernachzahlung für den Steuerpflichtigen zu Folge gehabt.

Nach § 129 Abgabenordnung darf die Finanzbehörde Schreibfehler, Rechenfehler und ähnliche offenbare Unrichtigkeiten, die bei Erlass des Steuerbescheides unterlaufen sind, jederzeit berichtigen.

Der Steuerpflichtige hatte in seiner Steuererklärung zwei Renteneinkünfte, einmal aus einem gesetzlichen und einmal aus private Anspruch, angegeben. Weiter hatte der Steuerpflichtige auch die auf die gesamten Rentenansprüche entfallenden Kranken- und Pflegeversicherungsbeiträge als Werbungskosten angesetzt.

2. Entscheidung des Finanzgerichts

In seinem Urteil vom 19.10.2017 unter dem Aktenzeichen 6 K 1358/16 hat das Finanzgericht Münster dem Finanzamt eine Korrektur verwehrt.

Im Zeitpunkt der Bearbeitung der Steuererklärung und dem Erlass des Steuerbescheides hatte die Rentenversicherung die gesetzlichen Renteneinkünfte noch nicht elektronisch übermittelt. Aus diesem Grunde ließ der zuständige Finanzbeamte die gesetzlichen Rentenansprüche außeracht und setzte nur die privaten Renteneinkünfte an. Es berücksichtige aber die vollständigen Krankenkassen- und Pflegeversicherungsbeiträge.

Nach Erlass der Steuerbescheide übermittelte die gesetzliche Rentenversicherung die Renteneinkünfte und das Finanzamt änderte die Steuerbescheide zu Lasten des Steuerpflichtigen und setzte auch die gesetzlichen Rentenzahlungen als Einkünfte an.

Zur Begründung führte das Finanzamt an, die Nichtberücksichtigung der Renteneinkünfte in dem Ursprungsbescheid beruhe alleine auf einem mechanischen Versehen. Der zuständige Sachbearbeiter habe die Steuererklärung des Steuerpflichtigen gar nicht eingesehen und leidglich die elektronischen Auskünfte beachtet.

Der Steuerpflichtige bestritt die Berechtigung des Finanzamtes die Bescheide zu ändern, da diese bestandskräftig seien.

Das Finanzgericht gestand dem Finanzamt grundsätzlich zu, bestandskräftige Bescheide innerhalb der Verjährungsfrist zu ändern, wenn diese aufgrund eines mechanischen Versehens fehlerhaft erlassen wurden.

Allerdings wies das Finanzgericht daraufhin, dass Fehler, die auf mangelnder Sachaufklärung bzw. Nichtbeachtung feststehender Tatsachen beruhen, nicht unter § 129 AO fallen und damit nicht korrigierbar sind.

Nach Ansicht des Gerichts liegt ein „mechanisches Versehen“ i.S.d. Vorschrift des § 129 AO vor, wenn der erklärte, bekanntgegebene Inhalt des Steuerbescheides aus Versehen vom offensichtlich gewollten materiellen Regelungsinhalt abweicht.

Im vorliegenden Fall liegt zwar eine offenbare Unrichtigkeit vor, da ein Teil der Renteneinkünfte in dem Steuerbescheid nicht erfasst wurden.

Allerdings sah das Finanzamt aufgrund der Tatsache, dass der Steuerpflichtige alle Renteneinkünfte erklärt hatte und ein krasses Missverhältnis zwischen der im Steuerbescheid erfassten Renteneinkünften und den Krankenkassen- und Pflegeversicherungsbeiträgen bestand, eine unterlassene Sachverhaltsaufklärung des Finanzamtes als geben an.

Das Finanzgericht lehnte daher die Anwendung des § 129 AO und damit eine Änderung der Steuerbescheide zu Lasten des Steuerpflichtigen ab.

Allerdings ließ das Finanzgericht die Revision zu, so dass die Entscheidung noch nicht rechtskräftig ist und vor dem Bundesfinanzhof eventuell aufgehoben werden können.

3. Hinweise für die Praxis

Prüfen Sie Änderungen von Steuerbescheiden durch das Finanzamt. Auch hier sind Einspruchsfristen zu beachten.