Corona – und kein Ende!

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I. Hintergrund

Die Lockdown-Maßnahmen von Bund und Ländern in den Jahren 2020 und 2021 beschäftigen die Gerichte nachhaltig. Der Bundesgerichtshof hatte sich bereits in zwei Entscheidungen (12.01.2022 – XII ZR 8/21 und 16.02.2022 – XII ZR 17/21) zu der Frage geäußert, ob ein Geschäftsraummieter für die Zeit der angeordneten Schließungen dem Vermieter die volle Miete schuldet. Bereits dort hatte der Senat zwar einen Mietmangel verneint, jedoch einen Anspruch des Mieters auf (temporäre) Anpassung des Mietvertrages nicht ausgeschlossen. Dabei, so der BGH, sei allerdings keine schematische Lösung, etwa eine Mietkürzung auf die Hälfte während des Lockdowns, geboten. Vielmehr komme es stets auf den konkreten Einzelfall an.

II. Die Entscheidung des BGH v. 02.03.2022

Der Bundesgerichtshof (XII ZR 36/21) hatte nun ein weiteres Mal über einen Anpassungsanspruch des Mieters zu befinden: Ein Ehepaar, das sich bereits Ende 2018 standesamtlich trauen ließ, mietete im Frühjahr 2019 Räumlichkeiten an, um dort am 01.05.2020 ihre Hochzeit mit 70 Gästen (nachzu-)feiern. Mit Inkrafttreten der nordrhein-westfälischen Coronaschutzverordnung wurde die Durchführung unzulässig. Der Vermieter bot dem Paar mehrere alternative Termine in 2020 und 2021 an. Hierauf gingen die Mieter aber nicht ein, sondern erklärten stattdessen den Rücktritt vom Vertrag. Sie nahmen den Vermieter auf Rückzahlung der bereits geleisteten Saalmiete von € 2.600,00 in Anspruch. Das Amtsgericht wies die Klage ab, das Landgericht sprach dem Paar die Rückzahlung des hälftigen Betrages zu.

Der BGH hob die Entscheidung der Vorinstanz auf und bestätigte die Klageabweisung. Weder seien die Mieter berechtigt gewesen, vom Vertrag zurückzutreten, noch könnten sie die hälftige Miete zurückverlangen. Zwar sei ein Anspruch des Mieters auf Vertragsanpassung infolge der von keiner Seite zu vertretenden Pandemiemaßnahmen denkbar, allerdings nur dann, wenn dem Mieter ein Festhalten am Vertrag oder andere, weniger gewichtige Anpassungen nicht zumutbar sind. Vorliegend hätten sich die Mieter auf eine Verschiebung des Termins einlassen müssen, zumal die Feier ohnehin in keinem engen zeitlichen Zusammenhang mit der bereits im Jahr 2018 erfolgten Trauung stand. Auch unter Berücksichtigung der Störung der Geschäftsgrundlage könne regelmäßig nicht das Vertragsverhältnis aufgelöst werden. Vielmehr sei eine Anpassung unter Berücksichtigung der beiderseitigen Interessen geboten. Da sich die Mieter mit einer ihr zumutbaren Verlegung des Termins nicht einverstanden erklärten, komme eine Mietrückzahlung nicht in Betracht.

III. Folgen für die Praxis

Obwohl nun immerhin drei höchstrichterliche COVID-Entscheidungen vorliegen, sind viele der im Zusammenhang mit den Lockdown-Maßnahmen auftretenden mietrechtlichen Fragen noch offen. Feststeht aber, dass eine Mietkürzung – erst recht eine Vertragskündigung – nicht selbstverständliche Folge des Lockdowns ist. Der BGH legt strenge Anforderungen an die Darlegungs- und Beweislast des Mieters fest. Dieser muss konkret dazu vortragen, wie sich die staatlichen Maßnahmen auf ihn auswirkten. Wann eine solche Darstellung ausreicht, um das Gericht von einer Unzumutbarkeit einerseits und der Angemessenheit der angestrebten Vertragsänderung andererseits zu überzeugen, wird wohl erst nach weiteren Urteilen verlässlich beurteilt werden können.