COVID-19 und kein Ende!

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Berechtigt ein Lockdown zur Mietkürzung?

I. Hintergrund

Die ersten staatlichen Maßnahmen zur Pandemiebekämpfung begannen im März 2020. Gastronomiebetriebe und Einzelhandel, aber auch Frisöre, Fitness- und Sonnenstudios mussten schließen, um eine Verbreitung des Corona-Virus zu verhindern. Zahlreiche Gewerbemieter erlitten erhebliche Umsatz- und Gewinneinbußen bis hin zur Existenzgefährdung. Seitdem streiten Mietvertragsparteien darüber, ob die Miete während der angeordneten Schließzeiten zu kürzen ist. Zum „Frühjahrslockdown 2020“ sind inzwischen einige obergerichtliche Entscheidungen ergangen.

II. Die Entscheidung des OLG Frankfurt v. 19.03.2021

Das OLG Frankfurt (2 U 143/20) hatte über einen Fall zu entscheiden, in dem der Betreiber eines Modegeschäfts während des Lockdowns die Miete kürzte. Der Vermieter nahm ihn im Urkundenprozess auf Zahlung der einbehaltenen Beträge in Anspruch. Das Gericht gab der Klage statt. So stelle das Öffnungsverbot mangels Objektbezogenheit keinen Mietmangel dar. Auch liege kein Fall der Unmöglichkeit vor, zumal allein die mietrechtlichen Mängelrechte einschlägig seien. Einzig in Betracht komme ein Anspruch des Mieters auf Anpassung der Miete während des Lockdowns wegen einer Störung der Geschäftsgrundlage gem. § 313 BGB. Hier verbiete sich jedoch eine schematische Lösung, nach der z. B. grundsätzlich nur die Hälfte der vertraglichen Miete geschuldet sei. Maßgeblich seien vielmehr alle Umstände des Einzelfalls, auf welche es vorliegend wegen der gewählten Verfahrensart, nämlich dem Urkundenverfahren, aber nicht ankomme.

III. Folgen für die Praxis

Die Entscheidung überzeugt. Trotz der in Literatur und Rechtsprechung vertretenen unterschiedlichen Ansichten, kann inzwischen als halbwegs gesichert gelten, dass eine Mietkürzung allein nach den Grundsätzen über den Wegfall der Geschäftsgrundlage in Betracht kommt. Dass die Lockdown-Maßnahmen für den Gewerbemieter eine schwere Störung darstellen, hat der Gesetzgeber im neuen Art. 240 § 7 EGBGB inzwischen ausdrücklich klargestellt. Damit ist die Prüfung  jedoch nicht beendet. Ein Anpassungsanspruch besteht nämlich nur dann, wenn es dem Mieter nicht zumutbar ist, am unveränderten Vertrag festzuhalten. Dies aber ist eine Frage des Einzelfalls. Selbst wenn keine existenzielle Not erforderlich sein mag, wird es ein finanziell gut aufgestellter Mieter, etwa ein erfolgreicher Konzern, deutlich schwerer haben, eine solche Unzumutbarkeit zu begründen als ein Start-Up-Betrieb, der naturgemäß keine Rücklagen für solche Fälle bilden konnte. Zudem sind bei der Einzelfallbetrachtung auch staatliche Hilfen einzubeziehen, die zwar nicht im Frühjahrslockdown 2020, aber sehr wohl seit November 2021 in großem Umfang geleistet wurden.