Der Bundesfinanzhof hat sich in der Entscheidung vom 01.03.2021 unter dem Aktenzeichen IX R 37/19 mit der Frage beschäftigt, inwieweit im Rahmen des Verkaufs einer selbst genutzten Immobilie ein Veräußerungsgewinn anfällt. Ein Teil der Immobilie war vor dem Verkauf als Arbeitszimmer genutzt und steuerlich angesetzt worden.
1. Private Veräußerungsgeschäfte
Der Verkauf von Immobilien kann zu Einkünften führen und ist bei Grundstücken und Gebäuden nach § 22 Nr. 2 i.V.m. § 23 Abs. 1 Einkommensteuergesetz (EStG) als sog. privates Veräußerungsgeschäft steuerpflichtig. Dieses gilt allerdings unter anderem dann nicht, wenn die Veräußerung zehn Jahre nach der Anschaffung erfolgt (§ 23 Abs. 1, Nr.1, Satz 1 EStG) oder wenn die Immobilie vor dem Verkauf zu eigenen Wohnzwecken genutzt wurde (§ 23 Abs. 1, Nr. 1, Satz 3 EStG).
Im vorliegenden Rechtsstreit wurde eine selbstgenutzte Eigentumswohnung des Steuerpflichtigen innerhalb der zehnjährigen Haltefrist verkauft. Ein Teil der Wohnung wurde vor dem Verkauf allerdings als häusliches Arbeitszimmer zur Erzielung von Überschusseinkünften genutzt.
2. Auffassung der Finanzverwaltung
Die Finanzverwaltung vertrat die Ansicht, dass für den Teil des Arbeitszimmers die Voraussetzungen für den Tatbestand der Nutzung zu eigenen Wohnzwecken nicht erfüllt sei. Damit sollte der Verkauf, zumindest anteilig, der Steuerpflicht unterliegen. Als Argument wurde angeführt, dass die berufliche Nutzung eine Nutzung zu eigenen Wohnzwecken ausschließe.
3. Begründung des BFH
Die Rechtsauffassung lehnte der Bundesfinanzhof ab. Zur Begründung führte er aus, dass die Nutzung zu eigenen Wohnzwecken den Steuerpflichtigen nur zur eigenen Nutzung verpflichtet, d.h. eine ausschließliche Überlassung an Dritte, insbesondere durch Vermietung, ausschließt.
Eine Wohnung wird demnach auch dann zu eigenen Wohnzwecken genutzt, wenn ein Teil als Arbeitszimmer genutzt wird. Die Formulierung zu eigenen Wohnzwecken lässt für eine Auslegung dahingehend, dass hiervon selbstgenutzte Arbeitszimmer von der steuerlichen Begünstigung ausgenommen sein sollten, keinen Raum.
Das Tatbestandsmerkmal „Nutzung zu eigenen Wohnzwecken“ umschreibt –nach seinem Grundverständnis und der Auffassung des Gerichts– einen durch eine auf Dauer angelegte Häuslichkeit, die Eigengestaltung der Haushaltsführung und des häuslichen Wirkungskreises gekennzeichneten Lebenssachverhalt. Diese Eigenschaften sind in gewisser Weise auch mit der Betätigung in einem häuslichen Arbeitszimmer verknüpft und sprechen deshalb dafür, dass dieses – zumindest zeitweise – zu eigenen Wohnzwecken genutzt wird. Eine private Mitbenutzung des Arbeitszimmers ist nicht überprüfbar und daher nicht vollständig auszuschließen. Auch wenn ein Zimmer für betriebliche oder berufliche Zwecke genutzt wird, verbleibt die Nutzung der Wohnung einschließlich des Arbeitszimmers damit dennoch in der häuslichen Spähre.
4. Entscheidung des BFH
Daher hat das Gericht entschieden, dass der Gewinn aus dem Verkauf einer zu eigenen Wohnzwecken genutzten Eigentumswohnung, auch wenn sie innerhalb der zehnjährigen Haltefrist veräußert wird und die Wohnung über ein Arbeitszimmer zum Teil zur Erzielung von Überschusseinkünften genutzt wurde, von der Besteuerung ausgenommen ist.