Immer wieder: Die Schriftform von Gewerbemietverträgen

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I. Hintergrund

Gewerbliche Mietverträge, die eine Laufzeit von mehr als einem Jahr vorsehen, müssen gem. § 550 BGB die Schriftform einhalten. Diese harmlos wirkende Vorgabe wird in der mietrechtlichen Praxis immer wieder missachtet. Die Folgen sind dramatisch: Der Mietvertrag ist zwar wirksam, jedoch führt die Nichtbeachtung der Form dazu, dass der Vertrag (nur) auf unbestimmte Zeit läuft. Er kann somit von beiden Seiten mit der gesetzlichen Frist und ohne Angabe von Gründen gekündigt werden! Es kommt nicht darauf an, welche Laufzeit vereinbart wurde. Schriftformfehler treten immer dann auf, wenn wesentliche Vertragsinhalte, etwa Angaben zu den Parteien, der Laufzeit, der Mietsache oder der Miethöhe nicht in einer förmlichen Vertragsurkunde festgelegt wurden.

II. Die Entscheidung des BGH v. 10.02.2021

Der Bundesgerichtshof (XII ZR 26/20) hatte nun darüber zu entscheiden, ob Formverstöße nachträglich geheilt werden können. Im Ursprungsvertrag über die Aufstellung von Geldautomaten in einem Ladenlokal hatten die Parteien die Schriftform verletzt. So fanden sich die Eckdaten des Mietverhältnisses zwar auf der von beiden Vertragsparteien unterzeichneten Vorderseite eines Formularvertrags; die nähere Beschreibung der Mietsache einschließlich der Regelungen zur Laufzeit und deren Verlängerungen befanden sich jedoch im „Kleingedruckten“ auf der Rückseite dieses Vertrages, die keine weitere Unterschrift der Parteien aufwies. Das genügt grundsätzlich nicht. Der Vertrag wäre mit gesetzlicher Frist kündbar.

Allerdings fertigten die Parteien später eine (unterzeichnete) Anlage zum Mietvertrag an, die auf den Hauptvertrag Bezug nahm und aus der sich die Lage der Mietsache eindeutig ergab. Auf diese Anlage war schon auf der nicht unterzeichneten Rückseite des ursprünglichen Vertrages Bezug genommen worden. Das genügte dem BGH. Aus dieser Bezugnahme nämlich sei eine Verbindung der Vertragsurkunde und der Anlage 1 zu einer gedanklichen Einheit erfolgt, aus der sich der Inhalt des Vertrags hinreichend deutlich ergebe. Die Schriftform sei mithin gewahrt.

III. Folgen für die Praxis

Auch wenn die später erstellte Anlage letztlich die (vorzeitige) Kündbarkeit des Vertrages verhinderte, müssen die Vertragspartner bereits bei der Erstellung des Mietvertrages größte Sorgfalt anwenden. Die wesentlichen Vertragsinhalte müssen sich aus der Urkunde selbst ergeben, an deren Ende die Unterschriften zu stehen haben. Wenn sich herausstellt, dass dies nicht der Fall ist, kann der Formverstoß mit einer weiteren Urkunde, die auf die bisherigen Vereinbarungen Bezug nimmt, geheilt werden. Das setzt allerdings die Mitwirkung beider Seiten voraus. Ein Anspruch auf Heilung von Formfehlern lässt sich in der Regel nicht gegen den Willen des Vertragspartners durchsetzen! Sogenannte Schriftformheilungsklauseln in Mietverträgen sind unwirksam.