Kauf vom Bauträger – Abnahme des Gemeinschaftseigentums

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Der Erwerber einer vom Bauträger zu errichtenden Eigentumswohnung hat einen vertraglichen Anspruch auf mangelfreie Erstellung des Sondereigentums (= seine Wohnung) und des Gemeinschaftseigentums (z. B. alle Außenbereiche einschließlich Dach, Fassade, Balkone etc.).

Das OLG München hatte mit seinem Urteil vom 06.12.2016 (28 U 2388/16) folgenden Fall zu entscheiden:

Im notariellen Vertrag, den der Bauträger mit jedem Erwerber textgleich schloss war geregelt, dass die Abnahme des Gemeinschaftseigentums „durch den Verwalter oder durch einen von ihm zu bestimmenden Baufachmann“ erklärt wird. Nach Fertigstellung der Gesamtanlage fasste die noch junge Eigentümergemeinschaft in ihrer Versammlung einstimmig den Beschluss, das gemeinschaftliche Eigentum abzunehmen. Es waren allerdings nicht alle Eigentümer in der Versammlung anwesend bzw. stimmrechtlich vertreten.

Im Rahmen eines Prozesses zwischen einem der Eigentümer und dem Bauträger, in dem dieser auf Mängelbeseitigung in Anspruch genommen wurde, stritten die Parteien u. a. darüber, ob eine wirksame Abnahme des Gemeinschaftseigentums erklärt worden war.

Die Entscheidungsgründe:

Das OLG München verneint eine solche Abnahme. Es sei Aufgabe des Erwerbers selbst, die Abnahme zu erklären. Dieser erhalte durch den Vertragsschluss einen individuellen Anspruch auf eine mangelfreie Werkleistung. Eine Bevollmächtigung des Verwalters oder eines von diesem zu bestimmenden Sachverständigen könne formularvertraglich nicht wirksam erfolgen. Dies sei selbst dann nicht möglich, wenn die Vollmacht nach den Regelungen im Bauträgervertrag vom Erwerber widerrufen werden könne (Verweis auf BGH VII ZR 308/12).

Auch führe ein entsprechender Beschluss der Eigentümerversammlung nicht zur werkvertraglichen Abnahme. Die Gemeinschaft könne zwar die Geltendmachung von Rechten bezüglich der Mängel am Gemeinschaftseigentum an sich ziehen (vgl. § 21 Abs. 5 Nr. 2 WEG); für die Abnahmeerklärung fehle ihr jedoch die Beschlusskompetenz. Schließlich betreffe die Abnahme bei Weitem nicht nur Mängel am Gemeinschaftseigentum, sondern löse weitere Wirkungen, insbesondere die Fälligkeit des Werklohns, aus, die allein das Verhältnis zwischen Bauträger und Erwerber betreffen (Verweis auf BGH VII ZR 171/15).

Die Entscheidung liegt auf der Linie der hierzu bereits ergangenen höchstrichterlichen Urteile. Bauträger setzen in der Regel selbst den ersten Verwalter der WEG ein. Hier besteht die Gefahr, dass sich dieser eher den Interessen des Bauträgers als jenen der Erwerber verbunden fühlt. Allein diese mögliche Interessenkollision führt dazu, dass der Erwerber unangemessen benachteiligt wird, wenn nach dem vorgesehenen Modus nicht er, sondern eine Person aus der Sphäre seines Vertragspartners die Abnahme erklärt.

Fazit:

In der Vertragspraxis sollte auf entsprechende Vollmachtklauseln wegen der damit verbundenen Rechtsunsicherheit verzichtet werden. Erwerber, denen – wie es immer noch häufig praktiziert wird – Vertragsentwürfe mit solchen Formulierungen vorgelegt werden, sollten gleichwohl auf ein Nachverhandeln verzichten. Zum einen besteht bei dem derzeitigen „Verkäufermarkt“ die Gefahr, dass der Bauträger bei solchen Diskussionen vom Vertragsschluss Abstand nimmt. Zum anderen dürfte die Regelung aus den vom OLG München dargestellten Gründen ohnehin keine Wirksamkeit entfalten. Nach Vertragsschluss kann es jedoch ratsam sein, eine dem Verwalter oder einem Dritten formularvertraglich erteilte Bevollmächtigung gegenüber dem Bauträger vorsorglich zu widerrufen.

RA Jochen Hoffmann