Schadenersatz, wenn Urlaub nicht genommen?

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Das LAG Köln (4 Sa 1095/15) hat entschieden, dass ein Arbeitnehmer Anspruch auf Schadensersatz hat, wenn sein Resturlaub am Jahresende verfallen ist. Dies soll selbst dann gelten, wenn der Arbeitnehmer den Urlaub nicht beantragt hatte. Im Einzelnen:

Das Bundesurlaubsgesetz (§ 7 Abs. 3) regelt, dass Urlaub im laufenden Kalenderjahr, spätestens jedoch bis zum 31.03. des Folgejahres gewährt und genommen werden muss. Es war seit jeher vom Bundesarbeitsgericht anerkannt, dass dem Arbeitnehmer ein Schadensersatzanspruch zusteht, wenn der Arbeitgeber den Urlaub innerhalb dieser Zeit nicht gewährt hatte und der Urlaubsanspruch daher verfallen war. Voraussetzung hierfür war jedoch stets, dass der Arbeitnehmer den Urlaub rechtzeitig beantragt hatte und der Arbeitgeber daher mit der Gewährung des Urlaubs im Verzug war.

Zukünftig soll es nach Ansicht des LAG Köln (so auch LAG Berlin-Brandenburg, LAG München) nicht mehr darauf ankommen, dass der Arbeitgeber mit der Gewährung des Urlaubs im Verzug war. Dem Arbeitnehmer soll selbst dann ein Anspruch auf Schadenersatz zustehen, wenn er den Urlaub niemals beantragt hatte.

Der Fall:

Das LAG Köln hatte konkret über einen Fall zu entscheiden, in dem ein Arbeitnehmer (Minijobber) jahrelang keinen Urlaub genommen, bis er schließlich selbst das Arbeitsverhältnis gekündigt hat. Hiernach verklagte er seinen Arbeitgeber auf Urlaubsabgeltung für den noch nicht verfallenen Urlaub und Schadenersatz für die verfallenen Urlaubsansprüche der letzten Jahre.

Nach der bisherigen Rechtsprechung hätte dem Arbeitnehmer ein Schadensersatzanspruch nur dann zugestanden, wenn er hätte beweisen können, dass er für die verfallenen Urlaubsansprüche jedenfalls rechtzeitig Urlaubsanträge gestellt hatte. Das LAG Köln entschied nun, dass es nicht darauf ankomme, ob der Arbeitnehmer seinen Urlaub beantragt hatte. Schließlich sei der Arbeitgeber verpflichtet, den Urlaubsanspruch von sich aus und damit auch ohne einen entsprechenden Antrag des Arbeitnehmers zu gewähren.

Das LAG Köln begründete dies u.a. damit, dass der in der Arbeitszeitrichtlinie 2003/88 EG geregelte Urlaubsanspruch dem Gesundheitsschutz diene und der Arbeitgeber seinen Pflichten zum Gesundheitsschutz auch ohne vorherigen Antrag oder Aufforderung durch den Arbeitnehmer nachkommen müsse. Das Gericht bezog sich ferner auf eine Entscheidung des Europäischen Gerichtshofes vom 12.06.2014 (EuGH Rs. C-118/13), nach der die Urlaubsgewährung und die Urlaubsvergütung nicht von zusätzlichen Voraussetzungen abhängig gemacht werden dürfe, insbesondere auch nicht davon, dass im Vorfeld ein entsprechender Antrag gestellt worden sei.

Letztlich hat der Minijobber in dem vom LAG Köln entschiedenen Fall aber dennoch keinen Schadensersatzanspruch zugesprochen bekommen. Dies wurde damit begründet, dass der Arbeitgeber aufgrund der bisher gegenteiligen Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts Vertrauensschutz genieße, jedenfalls für die Zeit bis zu der Entscheidung des EuGH vom 12.06.2014.

Die Revision wurde ausdrücklich zugelassen. Daher wird das Bundesarbeitsgericht bald darüber entscheiden, ob es an seiner Rechtsprechung festhält oder es sich der Ansicht der Landesarbeitsgerichte Köln, Berlin-Brandenburg und München anschließt.

Tipp für den Arbeitgeber:

Die Urteile der vorgenannten Landesarbeitsgerichte sind gut begründet. Es kann also durchaus sein, dass sich die Rechtsprechung des BAG ändern wird. Da die Gewährung des Jahresurlaubes dann eine Frage des Gesundheitsschutzes wäre, sollten Sie vorsorglich bereits jetzt darauf achten, dass Ihre Mitarbeiter ihren Jahresurlaub rechtzeitig in Anspruch nehmen. Da sich die neue Rechtsprechung nur auf den gesetzlichen Mindesturlaub bezieht, sollte zudem im Arbeitsvertrag zwischen gesetzlichem Mindesturlaub und vertraglichem Zusatzurlaub sauber differenziert werden.

Tipp für den Arbeitnehmer:

Sollten bei Ihnen seit 2014 Urlaubsansprüche verfallen sein, können Sie erwägen, eine Abgeltung hierfür im Rahmen von Schadenersatz geltend zu machen. Beachten Sie aber die dreijährige Verjährungsfrist.

Haben Sie weitere Fragen zu Urlaub, Urlaubsabgeltung oder Schadensersatz im Arbeitsverhältnis? Rufen Sie uns an unter 0221 – 399240.