Schadensersatzzahlungen aufgrund von § 15 AGG sind steuerfrei

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Schadensersatzzahlungen aufgrund von § 15 AGG sind steuerfrei

Das Finanzgericht Rheinland-Pfalz (5 K 1594/14) hatte zu entscheiden, inwieweit Zahlungen im Zusammenhang mit § 15 Allgemeines Gleichbehandlungsgesetz (AGG) der Lohnsteuer unterliegen bzw. keinen Arbeitslohn darstellen und damit von der Lohnsteuer befreit sind.

Zahlungen aufgrund von § 15 Abs. 1 AGG sind steuerpflichtig

Bei einem Verstoß gegen das Benachteiligungsverbot, insbesondere bei Mobbing, ist der Arbeitgeber nach § 15 AGG verpflichtet, einen hieraus entstehenden Schaden zu ersetzen. Nach dem Ziel des Gesetzes gilt diese für die Benachteiligungen aus Gründen der Rasse, wegen der ethnischen Herkunft, des Geschlechts, der Religion oder Weltanschauung, einer Behinderung, des Alters oder der sexuellen Identität.

Für die Frage der steuerlichen Einordnung einer Zahlung wegen eines Verstoßes ist zwischen der Reglung des § 15 Absatz 1 AGG und des § 15 Abs. 2 AGG zu unterscheiden.

Wird bei der Entlassung eines Mitarbeiters gegen das Benachteiligungsverbot des AGG verstoßen, ist der Arbeitgeber verpflichtet, den hierdurch entstandenen Schaden (z.B. entgangener Lohn) nach § 15 Abs. 1 AGG zu ersetzen. Bei dieser Zahlung handelt es sich nach § 19 Abs. 1 i. V. m. § 24 Nr. 1a) Einkommensteuersetz (EStG) um einen steuerpflichtigen Arbeitslohn, da diese Entschädigung einen Ersatz für entgehende Einnahmen darstellt.

Zahlungen aufgrund von § 15 Abs. 2 AGG sind steuerfrei

Wird die Entschädigung an den Mitarbeiter dagegen nach § 15 Abs. 2 AGG wegen der Verletzung des Benachteiligungsverbots durch den Arbeitgeber für immaterielle Schäden (z.B. Entschädigung wegen der Diskriminierung aufgrund des Geschlechts, des Alters, wegen Mobbings oder sexueller Belästigung) gezahlt, liegt kein steuerpflichtiger Arbeitslohn vor.

 Vorwurf der Diskriminierung

Der Entscheidung des Finanzgerichtes lag folgender Fall zugrunde:

Das Arbeitsverhältnis einer angestellten Einzelhandelskauffrau wurde durch den Arbeitgeber ordentlich gekündigt. Vor der Kündigung wurde bei der Angestellten wegen einer dauernden Einbuße der körperlichen Beweglichkeit ein Grad der Behinderung (GdB) von 30 festgestellt und es war ein Verfahren auf Feststellung der Schwerbehinderung anhängig.

Die Angestellte klagte gegen die Kündigung und macht Schadensersatz nach dem AGG geltend.

Dazu führte die Arbeitnehmerin aus, der Arbeitgeber habe entgegen der §§ 81 Abs. 4 Nr. 1, 84 SGB IX nicht das sogenannte Präventionsverfahren zur Prüfung einer Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses, einer Beschäftigung und ggf. Weiterbeschäftigung unter Änderung des Arbeitsverhältnisses durchgeführt. Damit stelle die Kündigung sowie das Unterlassen des Präventionsverfahrens eine Benachteiligung der Klägerin als Behinderte dar.

Der Arbeitgeber bestritt, dass die Kündigung aufgrund der Behinderung erfolgte und hatte

die Kündigung darauf gestützt, dass die Klägerin dauerhaft nicht in der Lage sei, ihre arbeitsvertragliche Verpflichtung zu erbringen und keine Weiterbeschäftigungsmöglichkeit bestehe. Die Kündigung des Arbeitsverhältnisses sei für die Klägerin ungünstig und nachteilig, eine Diskriminierung sei damit aber nicht verbunden.

Steuerfreiheit bei einer vergleichsweisen Regelung

Die Parteien einigten sich in dem arbeitsgerichtlichen Verfahren auf einen Vergleich, nach dem der Arbeitgeber und die Arbeitnehmerin eine Entschädigung gem. § 15 AGG in Höhe von 10.000,00 EUR zahlte. Damit waren sämtliche finanziellen Ansprüche aus dem Arbeitsverhältnis und finanzielle Ansprüche aus dem Anlass der Beendigung des Arbeitsverhältnisses erledigt. Ein Verweis auf § 15 Abs. 2 AGG enthielt der Vergleich nicht.

Es war und blieb bis zum Abschluss des gerichtlichen Vergleichs zwischen Arbeitnehmerin und Arbeitgeber kontrovers, ob tatsächlich eine Diskriminierung wegen einer Behinderung vorlag. Zur Vermeidung einer weiteren gerichtlichen Auseinandersetzung schlossen die Parteien sodann den Vergleich, der die streitige Zahlungsverpflichtung des Arbeitgebers nach § 15 AGG beinhaltete.

Da im Streitfall unklar blieb, ob eine Benachteiligung gem. § 3 AGG tatsächlich stattgefunden hat, haben die Arbeitsvertragsparteien über diese Ungewissheit einen Vergleich (vgl. § 779 Abs. 2 BGB) geschlossen.

Damit handelt es sich um eine Entschädigungszahlung. Die Vereinbarung der Entschädigungszahlung in dem gerichtlichen Vergleich erfolgte auch nicht etwa zur Verschleierung einer Abfindung oder einer Ersatzleistung nach § 15 Abs. 1 AGG wegen eines materiellen Schadens, sondern diente der Beseitigung der Ungewissheit hinsichtlich einer Schadensersatzpflicht des Arbeitgebers nach § 15 Abs. 2 AGG.

Dass die Zahlung der Entschädigung nur auf Grund einer möglicherweise stattgefundenen Benachteiligung nach AGG erfolgt, ändert nichts an dem Rechtscharakter der Zahlung. Im Streitfall haben sich Arbeitnehmerin und Arbeitgeber im Wege eines Vergleichs zur Zahlung einer Entschädigung wegen einer möglichen Diskriminierung entschlossen. Ausschließlicher Beweggrund war die Vermeidung einer diesbezüglichen weiteren gerichtlichen Auseinandersetzung. Die Entschädigungszahlung ist damit – anders als die zudem vereinbarte Lohnzahlung bis zur Beendigung des Arbeitsverhältnisses – steuerfrei.

Hinweis

Bei einem Vergleich sollte klar geregelt werden, ob eine Zahlung nach § 15 Abs. 1 oder 2 AGG vorliegt.

Auch bei Zweifeln, ob ein Fall des § 15 Abs. 2 AGG vorliegt, kann die Zahlung steuerfrei erfolgen.