Treuwidrigkeit einer Schriftformkündigung

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Im Gewerbemietrecht spielt das sog. Schriftformgebot des § 550 BGB eine gewichtige Rolle. Demnach sind Verträge mit einer Laufzeit von mehr als einem Jahr ungeachtet einer Laufzeitvereinbarung mit gesetzlicher Frist kündbar, wenn wesentliche Abreden der Partei nicht in der Vertragsurkunde festgehalten wurden. In Einzelfällen kann es allerdings treuwidrig sein, sich auf einen solchen Kündigungsgrund zu berufen.

Das OLG Celle hatte mit seinem Beschluss vom 06.01.2017 (2 U 101/16) folgenden Sachverhalt zu bewerten:

Bereits bei Abschluss des Gewerbemietvertrages vereinbarten die Vertragsparteien, dass sich die Miete, die im Vertrag mit EUR 2.900,- festgelegt wurde, nach Ablauf des ersten Mietjahres um EUR 1.000,- reduzieren sollte. Hierzu stand in der Vertragsurkunde nichts. Bevor es zu einem Erwerb des Mietgrundstücks kam, will der Mieter den Erwerber auf die mündlich vereinbarte Mietreduzierung hingewiesen haben. Der Erwerber ging diesem Hinweis allerdings nicht nach, kaufte die Mietsache und kündigte nachfolgend das Mietverhältnis unter Berufung auf den dargestellten Formfehler.

Der Mieter hält die Kündigung für rechtsmissbräuchlich. Der Vermieter sei nicht schützenswert. Auch ohne Erwähnung der Vereinbarung im Vertragstext habe er von der Regelung gewusst bzw. hätte diese unschwer in Erfahrung bringen können.

Die Entscheidungsgründe:

In seinem Hinweisbeschluss kündigte der Senat an, die Berufung gegen das Räumungsurteil der Vorinstanz zurückzuweisen. Das Mietverhältnis sei durch die Kündigung des (neuen) Vermieters, der in den Vertrag durch Grundstückserwerb eingetreten war, beendet worden. Das Mietverhältnis habe ordentlich gekündigt werden können, da es gem. § 550 BGB (nur noch) als unbefristet anzusehen sei. Vereinbarungen über die Miethöhe bedürfen stets der Schriftform. Deshalb hätte auch die Vereinbarung einer späteren Reduzierung in der Urkunde berücksichtigt werden müssen.

Der neue Vermieter habe auch nicht rechtsmissbräuchlich gehandelt. Er sei nicht etwa von beiden ursprünglichen Vertragsparteien über diese Nebenabrede informiert worden, sondern habe allenfalls eine Mitteilung des Mietervertreters zur Kenntnis genommen. Da aber die Urkunde selbst eindeutig formuliert war und sich hieraus kein Anlass zur Nachforschungen ergeben habe, sei der Vermieter berechtigt gewesen, den Vertrag vorzeitig zu kündigen. Er habe sich bei der eindeutigen Regelung im Vertragstext auf dessen Richtigkeit verlassen dürfen. Nur außerhalb der Vertragsurkunde liegende Umstände lösten keine weiteren Erkundigungspflichten aus.

Fazit:

In nahezu jedem Rechtsstreit, der die vorzeitige Beendigung des Vertrages wegen eines behaupteten Schriftformverstoßes zum Gegenstand hat, beruft sich der Kündigungsempfänger auf eine Treuwidrigkeit der Kündigung. Dem folgen Gerichte nur in seltenen Ausnahmefällen, etwa wenn die formwidrige Vereinbarung nur den Kündigungserklärenden begünstigt hätte. So hätte der Mieter vorliegend eine Kündigung kaum mit dem Argument begründen können, die Mietreduzierung sei nicht formwahrend vereinbart worden.

Um möglichst rechtssichere Vereinbarungen zu treffen, müssen die Vertragsparteien peinlichst darauf achten, alle relevanten Absprachen ausreichend zu beurkunden.