Verwirkung betrifft nicht nur zivilrechtliche Ansprüche, sondern auch öffentlich-rechtliche Abwehrrechte. Das bestätigte das Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen (OVG NRW) in seinem Urteil vom 30.06.2021, Az.: 7 A 3161/18.
Die Einzelheiten und Voraussetzungen hierzu sind bereits in einem früheren Beitrag erläutert worden.
In diesem Beitrag ist insbesondere die Besonderheit erwähnt worden, dass sich der Grundstückseigentümer bei der Ausübung einer nachbarlichen Abwehrrechte das Verhalten eines Rechtsvorgängers zurechnen lassen muss. Denn die nachbarlichen Abwehrrechte im öffentlichen Baurecht sind grundstücksbezogene Rechte.
Diesen Grundsatz hat das OVG NRW nun nochmals mit Urteil vom 29.09.2021, Az.: 7 A 2907/19, bestätigt:
Demnach muss sich ein Grundstückseigentümer an einer über Jahre von seinem Rechtsvorgänger zum Ausdruck gebrachte Haltung zu einer ohne Erschließung erfolgten Wohnnutzung festhalten lassen. Er darf sich also nicht darauf berufen, dass die Wohnnutzung aufgrund der fehlenden Erschließung baurechtswidrig sei.
Denn aufgrund der langjährigen Duldung der Wohnnutzung trotz einer fehlender Erschließung durfte der Nachbar darauf vertrauen, dass nach so langer Zeit kein Abwehrrecht mehr geltend gemacht werden würde (Vertrauensgrundlage). Hat er dann tatsächlich darauf vertraut, dass das Recht nicht mehr ausgeübt werde (Vertrauenstatbestand) und sich infolgedessen in seinen Vorkehrungen und Maßnahmen so eingerichtet, dass ihm durch die verspätete Durchsetzung des Rechts ein unzumutbarer Nachteil entstehen würde (Vertrauensbetätigung), dann sind die Voraussetzungen der Verwirkung erfüllt.
Das bedeutet also mit anderen Worten, dass schnellstmöglich um Rechtschutz gegen eine rechtswidrige bauliche Nutzung eines Nachbarn ersucht werden sollte, um nicht eine Verwirkung der Abwehrrechte zu riskieren.
Gerne beraten wir Sie hierzu.