Unzumutbare Beeinträchtigung durch eine erdrückende Wirkung

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Hat das Neubauvorhaben auf dem Nachbargrundstück eine erdrückende Wirkung? – In der heutigen Zeit steigender Grundstückspreise und deshalb immer größer werdender Bauvorhaben stellen sich viele Grundstückseigentümer diese Frage immer häufiger.

Die immer größer werdenden Dimensionen der heutigen Bauvorhaben führt zwangsläufig dazu, dass sie immer näher an der gemeinsamen Grundstücksgrenze errichtet werden. Dies führt nicht selten dazu, dass plötzlich große Teile des eigenen Grundstücks oder gar die Terrasse über einen langen Tageszeitraum hinweg verschattet werden. Auch entsteht häufig der Eindruck, dass man als Eigentümer nur noch vor eine Wand guckt und dies eine erdrückende Wirkung hat. Die Lebensqualität fühlt sich hierdurch nicht selten erheblich beeinträchtigt an.

Schnell stellt sich die Frage, ob dies hinzunehmen ist oder der Nachbar möglicherweise gegen das allgemeine Rücksichtnahmegebot verstoßen haben könnte. Denn dies ist grundsätzlich von jedem Bauherrn zu beachten. Wäre dies zu bejahen, könnte dies zu einem Beseitigungsanspruch führen.

Die Antwort auf diese Frage ist von vielen verschiedenen Faktoren im jeweiligen Einzelfall abhängig: Grundsätzlich gilt, dass eine erdrückende Wirkung nur unter engen Voraussetzungen vorliegt und einen Verstoß gegen das allgemeine Rücksichtnahmegebot begründt. Dasselbe gilt auch für Verschattungen.

Die Rechtsprechung bestätigt eine erdrückende Wirkung oder eine Verschattung nur in seltenen Fällen.

Dies bestätigte das Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen (OVG NRW) kürzlich mit seinem Beschluss vom 20.12.2021, Az.: 10 B 1763/21:

Demnach kann eine bauliche Anlage ausnahmsweise eine erdrückende Wirkung haben, wenn sie wegen ihrer Ausmaße, ihrer Baumasse oder ihrer massiven Gestaltung ein benachbartes Grundstück unangemessen benachteiligt. Das ist aber nur dann anzunehmen, wenn die bauliche Anlage diesem förmlich „die Luft nimmt“, wenn für den Nachbarn das Gefühl des „Eingemauertseins“ entsteht oder wenn die Größe der „erdrückenden“ baulichen Anlage auf Grund der Besonderheiten des Einzelfalls – und gegebenenfalls trotz Freihaltung der erforderlichen Abstandsflächen – derartig übermächtig ist, dass das „erdrückte“ Grundstück oder dessen Bebauung nur noch oder überwiegend wie eine von einer „herrschenden“ baulichen Anlage dominierte Fläche ohne eigene bauliche Charakteristik wahrgenommen wird.

Ob eine solche Wirkung zu erwarten ist oder nicht, kann gemäß dem OVG NRW nur unter Berücksichtigung aller konkreten Umstände des Einzelfalls entschieden werden. Neben den jeweiligen Ausmaßen der zu vergleichenden Baukörper kann auch ihre Lage zueinander relevant sein. Von besonderer Bedeutung im Rahmen dieser Bewertung wird regelmäßig auch die Entfernung zwischen den Baukörpern beziehungsweise zwischen den Baukörpern und den Grundstücksgrenzen sein.

Das OVG NRW verneinte in dieser Entscheidung schließlich eine erdrückende Wirkung. Tatsächlich wird eine solche nur in wenigen besonderen Extremfällen anzunehmen sein.

Gerne prüfen wir für Sie, ob in Ihrem Fall eine erdrückende Wirkung oder eine sonstige Verletzung nachbarschützender Regelungen vorliegen und somit erfolgreich gerichtlicher Rechtschutz in Anspruch genommen werden könnte.