Abfindung und Steuer
Abfindungen, die im Zusammenhang mit der Beendigung des Arbeitsverhältnisses gezahlt werden, sind in der Regel als “außerordentliche Einkünfte” (§ 24, Nr. 1, 34 Abs. 1 und Abs. 2 Nr. 2 EStG) steuerbegünstigt und unterliegen der sog. „Fünftelbesteuerung“.
Zu dem Thema Abfindung und Kirchensteuer lesen Sie hier. Tipps zur Steueroptimierung durch Umwandlung eines Teils der Abfindung in eine Altersvorsorge finden Sie hier.
I. Voraussetzung für die Steuerbegünstigung von Abfindungen nach „Fünftelregelung“
Die Abfindung muss dabei als Entschädigung für die Aufgabe der Arbeitsstelle gezahlt werden. Nicht steuerbegünstigt sind hingegen versteckte Lohnzahlungen (z.B. auch Urlaubsabgeltung oder Überstundenvergütungen), die von den Parteien im Rahmen der Vergleichsverhandlungen in die Abfindungszahlung mit aufgenommen werden. Hinzu kommen weitere Voraussetzungen, die im Laufe der Jahre von der Finanzgerichtsrechtsprechung entwickelt wurden, so u.a.:
- die gesamte Abfindung muss in einem Steuerjahr gezahlt werden („Zusammenballung von Leistungen“)
- durch diese „Zusammenballung“ muss das Jahreseinkommen mit der Abfindung höher sein, als das vergleichbare Jahreseinkommen des Vorjahres.
Beispiel I: Ein Arbeitnehmer scheidet zum 30.06.2017 aus. Er erhält neben seinen Lohnzahlungen (Januar bis Juni) in Höhe von € 20.000,00 im gleichen Jahr Arbeitslosengeld in Höhe von € 10.000,00 und eine Abfindung in Höhe von € 150.000,00. Durch diese „Zusammenballung“ erhöht sich das zu versteuernde Einkommen des Arbeitnehmers von bisher 40.000,00 auf nunmehr 180.000,00.
II. Folgen der „Fünftelregelung“
Für die „Fünftelregelung“ wird zunächst ermittelt, zu welchem Steuersatz die Abfindungszahlung veranlagt worden wäre, wenn sie nur in Höhe eines Fünftels angefallen wäre. Dieser Steuersatz wird sodann auf die gesamte Abfindung angewandt.
Beispiel I (s. oben): Es würde zunächst unterstellt, dass der Arbeitnehmer Lohn- und Lohnersatzzahlungen in Höhe von € 30.000,00 und eine Abfindung in Höhe von weiteren € 30.000,00 (1/5 von 150.000) erhalten hat. Sodann wird der Steuersatz dieses Abfindungsanteils ermittelt und auf die gesamte Abfindungszahlung angewandt. Beträgt zum Beispiel der Lohnsteuersatz des unteren Abfindungsfünftels 20 Prozent, werden die gesamten € 150.000,00 mit 20 Prozent besteuert.
Tipp:
Bereits bei der Gestaltung des Aufhebungsvertrages sollte äußerste Sorgfalt angewandt werden. Es sollte mit dem Steuerberater besprochen werden, ob die steuerbegünstigte „Fünftelregelung“ gewünscht wird oder ob es im Einzelfall sogar günstiger sein kann, dass man auf die „Zusammenballung“ verzichtet und die Abfindung über mehrere Auszahlungsjahre streckt.
III. Steuerliche Gestaltungsmöglichkeiten
Zunächst lässt sich bereits bei der Formulierung des Aufhebungsvertrages mit dem Arbeitgeber steuerlich gestaltend einwirken; so z.B. bei der Frage, ob Teile der Abfindung auf mehrere Jahre gestreckt werden (Ratenzahlung).
Von entscheidender steuerlicher Bedeutung ist ferner, wie sich die sonstige Einkommenssituation des Arbeitnehmers in dem Jahr entwickelt, in dem er die Abfindung erhält. Hier kann generell gesagt werden, dass es für den Arbeitnehmer am günstigsten ist, wenn er neben der Abfindung möglichst wenig oder gar kein weiteres Einkommen (Lohn, Mieterträge etc.) bezieht. Dies liegt daran, dass der Steuersatz der gesamten Abfindung durch den Steuersatz des günstigsten Fünftels der Abfindung ermittelt wird. Wenn der Arbeitnehmer also keine weiteren Einkünfte in dem betreffenden Steuerjahr hat, gilt für das günstigste Fünftel der Abfindung konsequenterweise der günstigste Steuersatz. Kommen hingegen weitere Einkünfte hinzu, gilt zunächst für diese Einkünfte (Lohn, Mieterträge etc.) der günstigste Steuersatz. Erst hiernach wird der Steuersatz des günstigsten Abfindungsfünftels festgestellt, der dann in der Regel höher liegen dürfte, als der Steuersatz des sonstigen Einkommens.
Merke:
Das Ziel sollte sein, dass neben der Abfindung keine (oder möglichst geringfügige) normal zu versteuernde Einkünfte entstehen und damit der Grundfreibetrag und die niedrigen Eingangssteuersätze voll dem maßgeblichen Fünftel der Abfindung zugute kommen.
In der Steuergestaltung wird es mithin darauf ankommen, Ihre sonstigen Einkommen in andere Steuerjahre zu verschieben, diese steuerbegünstigt umzuwandeln (z. B. als Einmalzahlung für eine Rürup-Rente), Werbungskosten vorzuziehen (z. B. Seminar- oder Umschulungskosten) und Sonderausgaben (z. B. Spenden) oder Betriebsausgaben zu produzieren (z.B. das Vorziehen der Sanierung der vermieteten Wohnung).
Es ist erstaunlich, welche enormen Steuerersparnisse sich durch eine wohlüberlegte steuerliche Gestaltung der Einkommens- und Ausgabensituation des Jahres erzielen lassen, in dem die Abfindung zufließt. So kann z.B. eine Spende von € 10.000,00 zu einer Steuerersparnis von mehr als 10.000,00 € führen. Grund hierfür ist der Umstand, dass sich eine Verringerung des Steuersatzes für das maßgebliche Fünftel der Abfindung auf die gesamte Abfindung potenziert.
IV. Umwandlung der Abfindung in Direktversicherung, sog. „Verfvielfältiger“
Um den zu versteuernden Teil der Abfindung weiter zu reduzieren ist es auch möglich, einen Teil der Abfindung in eine Direktversicherung einzuzahlen. Je nach Alter des Versicherungsvertrages unterscheidet sich die steuerliche Vergünstigung dieser Einmalbeiträge, wobei neuere oder extra zu diesem Zweck abgeschlossene Versicherungen (Versorgungszusage ab 01.01.2005) stärker begünstigt sind.
1. Neue Regelung (Direktversicherungen mit Versorgungszusage nach dem 01.01.2005)
Für Arbeitnehmer, die eine neuere Direktversicherung besitzen (Versorgungszusage nach dem 01.01.2005) oder eine solche neu abschließen, besteht die Förderung darin, dass der Einmalbeitrag aus der Abfindung bis zu einer Höchstgrenze steuerfrei bleibt. Die Höchstgrenze beläuft sich auf € 1.800,00 pro (angebrochenem) Beschäftigungsjahr, wobei nur Beschäftigungsjahre ab dem 01.01.2005 zählen. Abzuziehen sind hiervon Beiträge, die in den letzten 6 Jahren vor dem Ausscheiden in eine Direktversicherung eingezahlt wurden.
Beispiel I (s. oben): Hätte das Arbeitsverhältnis bereits seit 12 Jahren bestanden und er in den letzten 6 Jahren jährlich € 1.000,00 in die Direktversicherung eingezahlt, gilt folgendes: Der Arbeitnehmer könnte weitere € 15.600,00 von seiner Abfindung (12 x € 1.800,00 – € 6.000,00) steuerfrei in die Direktversicherung einzahlen.
Hätte der Arbeitnehmer kurz vor seinem Ausscheiden eine neue Versicherung abgeschlossen (also noch keine Beiträge geleistet) könnten er € 21.600,00 von seiner Abfindung (12 x € 1.800,00 ) steuerfrei in die Direktversicherung einzahlen.
2. Alte Regelung (für Direktversicherungen mit Versorgungszusage vor dem 01.01.2005)
Für Arbeitnehmer, die eine Altzusage mit Pauschalbesteuerung besitzen (Zusage vor dem 01.01.2005) bleibt die Förderung nach § 40b EStG erhalten. Die Förderung besteht darin, dass der Einmalbeitrag aus der Abfindung nur mit 20 Prozent (zuzüglich Soli und ggfs. Kirchensteuer) pauschal versteuert wird. Diese begünstigte Einmalzahlung ist jedoch begrenzt auf € 1.752,00 pro (angebrochenem) Beschäftigungsjahr.
Beispiel I (s. oben): Hätte das Arbeitsverhältnis bereits seit 12 Jahren bestanden und der Arbeitnehmer in den letzten 6 Jahren jährlich € 1.000,00 in die Direktversicherung eingezahlt, gilt folgendes: Der Arbeitnehmer könnte weitere € 15.024,00 von seiner Abfindung (12 x € 1.752,00 – 6.000,00) von seiner Abfindung in die Direktversicherung einzahlen. Dieser Betrag würde dann nur pauschal mit 20 % (zzgl. Soli und ggfs. Kirchensteuer) versteuert .
Zusammenfassung:
Die steuerlichen Gestaltungsmöglichkeiten im Zusammenhang mit einer Abfindungszahlung sind sehr umfangreich und es verwundert, dass hiervon in vielen Fällen kein Gebrauch gemacht wird. Die Gestaltung fängt bereits bei der Formulierung des Aufhebungsvertrages an, setzt sich fort bei der weiteren Gestaltung des Einkommens in diesem Steuerjahr (z.B. der Frage, ob man eine neue Anstellung schon im Dezember oder erst im Januar des Folgejahres beginnt) und endet bei der Gestaltung der Ausgabenseite und der Steuererklärung.
Unsere Empfehlung:
Bei der Gestaltung eines Aufhebungsvertrages ist Teamwork zwischen dem beratenden Fachanwalt für Arbeitsrecht und einem fachkundigen Steuerberater gefragt. Hier bietet sich an, beide Berater frühzeitig mit ins Boot zu holen.
Verfolgen Sie auch unsere Veröffentlichungen zum Arbeitsrecht. Wenn Sie darüber hinaus Fragen haben, schicken Sie uns gern eine E-mail (info@gssr.de) oder rufen uns an auf unserer Hotline für Arbeitsrecht: 0221-39924-20.