nachträgliches Wettbewerbsverbot

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Für nachvertragliche Wettbewerbsverbote bei Arbeitnehmern finden die §§ 74 ff. im Handelsgesetzbuch (HGB) Anwendung. In diesen gesetzlichen Bestimmungen sind u.a. Form, Inhalt und Rechtsfolgen eines nachvertraglichen Wettbewerbsverbotes bereits im Wesentlichen geregelt. Hiernach

-darf ein nachvertragliches Wettbewerbsverbot längstens zwei Jahre wirken,

-muss die Vereinbarung schriftlich abgefasst und dem Arbeitnehmer übergeben worden sein,

-muss für die Dauer der Vereinbarung dem Arbeitnehmer eine Karenzentschädigung in Höhe von mindestens 50 % der zuletzt erhaltenen Vergütung zugesagt werden,

-gibt es ein Lösungsrecht für den Fall der Kündigung aus wichtigem Grund wegen schuldhaften Verhaltens des anderen Teils.

Wettbewerbsvereinbarungen mit Arbeitnehmern, die diese Mindestanforderungen nicht beachten, sind entweder „unverbindlich“ oder „nichtig“. Im Falle der Unverbindlichkeit hat der Arbeitnehmer die Wahl, ob er sich auf die Unverbindlichkeit berufen oder aber Wettbewerb unterlassen und dafür Karenzentschädigung beanspruchen will. Im Falle der Nichtigkeit muss der Arbeitnehmer sich nicht daran halten, ihm steht aber in keinem Fall eine Karenzentschädigung zu.

Nachvertragliches Wettbewerbsverbot bei Geschäftsführern

Für Geschäftsführer gelten diese für Arbeitnehmer geltenden gesetzlichen Regelungen nicht.

Die Wirksamkeit eines nachvertraglichen Wettbewerbsverbots beurteilt sich bei Geschäftsführern vielmehr nach § 138 BGB, also der Frage nach einer Sittenwidrigkeit. Entweder ist die Vereinbarung sittenwidrig und damit nichtig oder sie ist wirksam. Die bei Arbeitnehmern so wichtige Differenzierung zwischen „Unverbindlichkeit“ und „Nichtigkeit“ gibt es hier nicht.

Hier hat die Rechtsprechung des BGH im Laufe der Jahre im Ergebnis jedoch ähnliche Wirksamkeitskriterien herausgearbeitet, wie sie auch für Arbeitnehmer gelten. Ein Wettbewerbsverbot ist z.B. nur zulässig, wenn

-es dem Schutz eines berechtigten Interesses des Unternehmens dient,

-es zeitlich höchstens auf 2 Jahre wirkt,

-die räumliche Beschränkung dem berechtigten Interesse der Gesellschaft dient,

-es gegenständlich insoweit begrenzt ist (z.B. auf den Kundenstamm), wie ein schützeswertes Interesse der Gesellschaft vorliegt.

-Eine Karenzentschädigung muss nicht generell geleistet werden. Ob eine solche vereinbart ist, fällt jedoch bei der Angemessenheitsprüfung der Klausel als Ganzes ins Gewicht.

Trotz dieser einschränkenden Kriterien, die von der Rechtsprechung aufgestellt wurden, wird es bei der Bewertung der Wirksamkeit eines Wettbewerbsverbotes insbesondere bei Geschäftsführern stets auf den Einzelfall ankommen. Das Gericht hat sowohl bei der räumlichen als auch bei der sachlichen Angemessenheitsprüfung zahlreiche widerstreitende Interessen abzuwägen.

Fallkonstellationen:

In der Praxis kommt es häufig zu folgenden Fallkonstellationen:

-Arbeitnehmer / Geschäftsführer möchte zu einem Konkurrenten wechseln und bezweifelt die Wirksamkeit des mit dem alten Arbeitgeber vereinbarten nachvertraglichen Wettbewerbsverbotes.

-Das im Anstellungsvertrag vereinbarte Wettbewerbsverbot enthält keine Entschädigungsklausel (Karenzentschädigung). Ist das Wettbewerbsverbot dennoch gültig?

-Wie weit darf ein Arbeitnehmer / Geschäftsführer im noch bestehenden Arbeitsverhältnis (oder vor Ablauf eines nachvertraglichen Wettbewerbsverbotes) seine spätere Konkurrenztätigkeit vorbereiten?

-Der Arbeitgeber erfährt von verbotener Konkurrenztätigkeit des Mitarbeiters und möchte diese verhindern bzw. Schadenersatz oder eine Vertragsstrafe geltend machen.

-Der Arbeitgeber verweigert die Zahlung einer Karenzentschädigung mit der Begründung, der Arbeitnehmer sei arbeitsunfähig oder erhalte Arbeitslosengeld. Zu Recht?

-Im Anstellungsvertrag findet sich lediglich eine sog. „Kundenschutzklausel“, nach der es dem Arbeitnehmer / Geschäftsführer untersagt ist, spezielle Kunden abzuwerben ohne dass hierfür eine Karenzentschädigung vereinbart wird. Gelten hier die Regelungen zum Wettbewerbsverbot?

-In einem Aufhebungsvertrag hatten Mitarbeiter und Arbeitgeber eine umfassende Ausgleichsklausel (Erledigungsklausel) vereinbart, nach der alle wechselseitigen Ansprüche aus dem Arbeitsverhältnis mit dem Vergleich abgegolten sein sollten. Nun stellt sich die Frage, ob damit auch das nachvertragliche Wettbewerbsverbot aufgehoben wurde.

-Kann sich der Mitarbeiter oder der Arbeitgeber von einem vereinbarten Wettbewerbsverbot lösen?

Die hierzu ergangene Rechtsprechung ist umfangreich und vielfältig. Hier einige Beispiele:

Bundesarbeitgericht vom 07.02.1969 (3 AZR 138/68)

Wettbewerbsverbote mit Arbeitnehmern jeder Art sind ungültig, wenn sie keine Karenzentschädigung für den Arbeitnehmer vorsehen. Sie sind unverbindlich, soweit die Karenzentschädigung nicht dem entspricht, was HGB § 74 Abs 2 zwingend als Karenzentschädigung vorschreibt. Soweit Wettbewerbsverbote mit Arbeitnehmern sich über eine längere Zeit als zwei Jahre von der Beendigung des Arbeitsverhältnisses an erstrecken, sind sie unverbindlich.

Bundesarbeitgericht vom 22.05.1990 (3 AZR 647/88)

Bei einem unverbindlichen Wettbewerbsverbot hat der Arbeitnehmer die Wahl, ob er sich auf die Unverbindlichkeit berufen oder aber Wettbewerb unterlassen und dafür Karenzentschädigung beanspruchen will.

Bundesarbeitgericht vom 07.09.2004 (9 AZR 612/03)

Eine Abrede in einem Anstellungsvertrag, wonach ein Wettbewerbsverbot nur nach einer vom Kläger „ausgelösten Beendigung des Dienstvertrages“ gelten soll, ist unzulässig.

Bundesarbeitgericht vom 23.11.2004 (9 AZR 595/03

Unterbleibt die in § 74 Abs 1 HGB vorgesehene Übergabe der Originalurkunde über ein vertraglich vereinbartes Wettbewerbsverbot, hindert dies den Arbeitnehmer nicht daran, sich auf das Wettbewerbsverbot zu berufen (und die Karenzentschädigung zu fordern), soweit die dort ebenfalls vorgesehene Schriftform eingehalten ist.

Die Pflicht zur Zahlung einer Karenzentschädigung entfällt nicht deshalb, weil der Arbeitnehmer arbeitsunfähig ist.

Bundesarbeitgericht vom 13.07.2005 (10 AZR 532/04)

Eine aufschiebende Bedingung, nach der das nachvertragliche Wettbewerbsverbot z.B. erst nach einjähriger Beschäftigungszeit Anwendung finden soll, ist zulässig.

Bundesarbeitgericht vom 18.08.2005 (8 AZR 65/05)

Eine Vertragsstrafenabrede muss nicht nur die zu leistende Strafe, sondern auch die sie auslösende Pflichtverletzung so klar bezeichnen, dass sich der Versprechende in seinem Verhalten darauf einstellen kann.

Bundesarbeitgericht vom 08.03.2006 (10 AZR 349/05)

Ob durch eine Ausgleichsklausel in einem gerichtlichen Vergleich ein nachvertragliches Wettbewerbsverbot und die Pflicht zur Zahlung einer Karenzentschädigung aufgehoben worden sind, ist durch Auslegung gemäß den §§ 133, 157 BGB zu ermitteln.

Bundesarbeitgericht vom 21.04.2010 (10 AZR 288/09)

Der Anspruch auf Karenzentschädigung setzt voraus, dass der Arbeitnehmer das Wettbewerbsverbot insoweit einhält, als es nach § 74a Abs. 1 HGB verbindlich ist(Rn.23). Die Einhaltung auch in seinem unverbindlichen Teil ist nicht erforderlich.(Rn.24)

Bundesarbeitgericht vom 01.08.1995 (9 AZR 884/93)

Ein nachvertragliches Wettbewerbsverbot ist unverbindlich, wenn es nicht zum Schutz eines berechtigten geschäftlichen Interesses des Arbeitgebers dient und das berufliche Fortkommen des Handlungsgehilfen unbillig erschwert.

Bundesarbeitsgericht vom 14.09.2011 (10 AZR 198/10)

Es ist zweifelhaft, ob es …noch eine gesetzliche Grundlage für die Anrechnung von Arbeitslosengeld auf die Karenzentschädigung gibt. Vorliegend bedarf es keiner abschließenden Entscheidung.

Bundesarbeitsgericht vom 24.03.2010 (10 AZR 66/09)

Bei der Bestimmung der Reichweite des im laufenden Arbeitsverhältnis bestehenden Wettbewerbsverbots … ist im Rahmen einer Gesamtwürdigung aller Umstände des Einzelfalls festzustellen, ob die anderweitige Tätigkeit zu einer Gefährdung oder Beeinträchtigung der Interessen des Arbeitgebers führt. Es spricht viel dafür, dass bloße Hilfstätigkeiten ohne Wettbewerbsbezug nicht erfasst werden.

Bundesarbeitsgericht vom 28.01.2010 (2 AZR 1008/08)

Während der Dauer eines Arbeitsverhältnisses ist jede unmittelbare oder mittelbare Konkurrenztätigkeit zum Nachteil seines Arbeitgebers untersagt. Allerdings darf er, wenn ein nachvertragliches Wettbewerbsverbot nicht vereinbart ist, schon vor Beendigung des Arbeitsverhältnisses für die Zeit nach seinem Ausscheiden die Gründung eines eigenen Unternehmens oder den Wechsel zu einem Konkurrenzunternehmen vorbereiten. Verboten ist lediglich die Aufnahme einer werbenden Tätigkeit, z.B. durch Vermittlung von Konkurrenzgeschäften oder aktives Abwerben von Kunden. Bloße Vorbereitungshandlungen erfüllen diese Voraussetzungen nicht.

Bundesgerichtshof vom 07.07.2008

Aus der in einem Geschäftsführeranstellungsvertrag getroffenen Vereinbarung eines (nachvertraglichen) Wettbewerbsverbots ohne Karenzentschädigung kann – unabhängig von der Wirksamkeit oder Unwirksamkeit der Vereinbarung – jedenfalls ein Anspruch auf Karenzentschädigung nicht abgeleitet werden.

Bundesgerichtshof vom 26.03.1984

Nachvertragliche Wettbewerbsklauseln zwischen einer GmbH und ihrem Geschäftsführer unterliegen nicht den für Handlungsgehilfen und Arbeitnehmer geltenden Beschränkungen.

Wettbewerbsverbote sind nur dann als zulässig zu erachten, wenn sie dem Schutz eines berechtigten Interesses der Gesellschaft dienen und nach Ort, Zeit und Gegenstand die Berufsausübung und wirtschaftliche Betätigung des Geschäftsführers nicht unbillig erschweren.

Ein zeitlich unbeschränkt geltendes Wettbewerbsverbot des Geschäftsführers gegenüber der GmbH ist nichtig.

OLG Nürnberg vom 25.11.2009 (12 U 681/09)

War der Geschäftsführer beim herrschenden Konzernunternehmen tätig, so kann sich das Wettbewerbsverbot gegenständlich und örtlich auch auf die Tätigkeit der Tochterunternehmen erstrecken, wenn der Geschäftführer umfassend Kenntnis von deren Vorgängen hatte.

Bei beherrschten Konzernunternehmen kann demgegenüber das nachvertragliche Wettbewerbsverbot nicht auf die Tätigkeit aller Konzernunternehmen ausgedehnt werden, wenn diese in unterschiedlichen gegenständlichen oder örtlichen Bereichen tätig sind. Entsprechend ist eine Kunden- oder Mandantenschutzklausel gegenständlich zu weit gefasst und damit unzulässig, wenn sie sich auf Kunden weiterer Unternehmen bezieht, zu denen der ausscheidende Geschäftsführer keinen Kontakt hatte.

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