1. Wer zahlt den Lohn bei Quarantäne des Arbeitnehmers?
2. Wer zahlt die Löhne, wenn der Betrieb geschlossen wurde?
3. Dürfen Arbeitnehmer zu Hause bleiben, um auf die Kinder aufzupassen
4. Was gilt für Selbststände und Freiberufler?
5. Welche Fristen gelten für Erstattungsansprüche gem. IfSG?
6. Bei welcher Behörde sind Erstattungsansprüche gem. IfSG geltend zu machen?
7. Welche Pflichten haben Arbeitgeber in Zeiten von Corona?
8. Gibt es ein Recht auf Homeoffice?
9. Kann der Arbeitnehmer gezwungen werden, im Homeoffice zu arbeiten?
10. Muss der Arbeitnehmer während der Corona-Krise Dienstreisen antreten?
1. Wer zahlt den Lohn bei Quarantäne des Arbeitnehmers?
Bei behördlich angeordneter Quarantäne (§ 30 IfSG) ist die Vergütung in jedem Fall vom Arbeitgeber in Höhe und Dauer der normalen gesetzlichen Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall (i.d.R. 6 Wochen) zu zahlen. Je nach Ursache der Quarantäne unterscheidet sich nur die rechtliche Herleitung dieser Zahlungsverpflichtung des Arbeitgebers wie folgt:
a. Der Arbeitnehmer in Quarantäne ist bereits erkrankt
Ist der Arbeitnehmer erkrankt und hat die Gesundheitsbehörde deswegen ein Tätigkeitsverbot/Quarantäne verhängt, ist der Arbeitgeber zu Entgeltfortzahlung bis zur Dauer von 6 Wochen verpflichtet. Er bekommt diese Zahlungen gem. § 56 des Infektionsschutzgesetzes (IfSG) auf Antrag von der zuständigen Behörde erstattet (§ 56 Abs. 5 IfSG). Hiernach erhält der Arbeitnehmer Krankengeld von der Krankenkasse nach § 47 Abs. 1 SGB V. Was bei Krankheit während Kurzarbeit gilt, erfahren Sie hier.
b. Der Arbeitnehmer in Quarantäne ist (noch) nicht erkrankt
Ist der Arbeitnehmer noch nicht erkrankt, sondern steht er nur zur Beobachtung unter Quarantäne, ist er nicht arbeitsunfähig im Sinne des Entgeltfortzahlungsgesetzes (EFZG), sodass kein Fall der Lohnfortzahlung im Krankheitsfall vorliegt. Da der Arbeitnehmer aber ohne eigenes Verschulden „vorübergehend“ seiner Arbeitsverpflichtung nicht nachkommen kann, kann sich die Zahlungsverpflichtung des Arbeitgebers aus § 616 BGB ergeben. Hauptanwendungsfall dieser Regelung ist die Verhinderung von Vater/Mutter, wenn sie auf ihr erkranktes Kind aufpassen müssen. Da diese Regelung aber nur greift bei Verhinderungen „für eine verhältnismäßig unerhebliche Zeit“ ist schon zweifelhaft, ob eine mehrwöchige Quarantäne hierunter fallen kann. Zudem schließen manche Arbeitsverträge die Anwendbarkeit des § 616 BGB generell aus.
Wenn diese Anspruchsgrundlagen nicht greifen, ergibt sich die Zahlungsverpflichtung des Arbeitgebers letztlich auch hier aus § 56 des Infektionsschutzgesetzes (IfSG). Der Arbeitgeber zahlt die Vergütung für i.d.R. 6 Wochen weiter und bekommt sie auf Antrag von der zuständigen Behörde erstattet (§ 56 Abs. 5 IfSG). Hiernach erhält der Arbeitnehmer von der Krankenkasse Krankengeld nach § 47 Abs. 1 SGB V.
2. Wer zahlt die Löhne, wenn der Betrieb geschlossen wurde?
Wird der Betrieb aufgrund behördlicher Auflagen gem. IfSG geschlossen, weil in Bezug auf den gesamten Betrieb oder Gruppen von Arbeitnehmern ein Infektionsrisiko besteht (Fitnessstudios, Schulen, Kindergärten, Krankenhäuser, Arztpraxen, Einzelhandel usw.), muss der Arbeitgeber die Löhne in aller Regel weiter zahlen. So lautet jedenfalls die vorherrschende Meinung unter Juristen.
Juristisch wird hier die sog. Betriebsrisikolehre angewandt, ähnlich wie bei Naturereignissen, weltmarktbedingten Rohstoffengpässen oder sonstigen unverschuldeten Behinderungen des Betriebs. Nach der Rechtsprechung trägt der Arbeitgeber das Betriebsrisiko einer behördlichen Betriebsschließung, wenn der Grund der Schließung in der Eigenart des Betriebs angelegt gewesen war.
So wurde dem Leiter einer Tanzkapelle ein Anspruch auf Lohnfortzahlung zugesprochen, nachdem die Kapelle infolge eines behördlichen Verbots aus Anlass eines Brandunglücks vorübergehend nicht auftreten durfte. (BAG, Urteil vom 30. Mai 1963, 5 AZR 282/62). Das Gericht argumentierte, dass ein Tanzlokal besonders anfällig ist für behördlich angeordnete Trauertage, an denen Feiern verboten sind. Dieses Risiko sei durch die besondere Art des Betriebes bedingt.
Entsprechend wurde dem Coupier einer Spielbank ein Anspruch auf Lohnfortzahlung für Tage zugesprochen, an denen ein gesetzliches Spielverbot besteht (LAG Berlin, Urteil vom 06. Januar 2003, 7 Sa 1826/02 u. 1844/02). Der Grund für die Nichtbeschäftigung, das gesetzliche Spielverbot, habe seine Ursache im Betriebszweck der Beklagten, nämlich dem Betreiben einer öffentlichen Spielbank.
Nicht zum Betriebsrisiko gehören allgemeine Gefahrenlagen wie Kriege, Unruhen und Terroranschläge. Teileweise werden auch Epidemien dazu gezählt.
Über die Frage, ob Kontaktbeschränkungen und Tätigkeitsverbote während der Corona-Krise zum Betriebsrisiko gehören, lässt sich sicherlich streiten. Letztlich wird man aber wohl feststellen müssen, dass hiervon nur diejenigen Betriebe betroffen waren, die durch besonders häufigen Menschenkontakt geprägt sind (Fitnessstudios, Schulen, Kitas, Messen, Gaststätten, Veranstaltungen, Einzelhandel), sodass Gefahren, die von Menschenkontakten ausgehen, zum Betriebsrisiko gezählt werden können.
Da es zur Corona-Krise aus dem Jahr 2020 jedoch derzeit noch keine rechtkräftigen Entscheidungen gibt, macht es Sinn, vorsorglich Entschädigungsansprüche nach § 56 IfSG geltend zu machen sind.
Wenn der Arbeitgeber freiwillig den Betrieb schließt, um allgemeine Infektionsrisiken für seine Mitarbeiter zu minimieren, bleibt er zur Fortzahlung der Vergütung (wegen Annahmeverzugs) weiterhin verpflichtet.
3. Dürfen Arbeitnehmer zu Hause bleiben, um auf die Kinder aufzupassen
Wurde die Kita/Schule oder sonstige Betreuungseinrichtung gem. IfSG vorübergehend geschlossen und ist das Kind noch nicht älter als 12 (oder behindert und auf Hilfe angewiesen), muss der Arbeitgeber für den Zeitraum, in dem der Arbeitnehmer die Kinder selbst betreuen muss, weil er keine anderweitige zumutbare Betreuungsmöglichkeit sicherstellen kann, die Vergütung weiter zahlen (max. 6 Wochen). Der Arbeitgeber bekommt diese Zahlungen gem. § 56 des Infektionsschutzgesetzes (IfSG) auf Antrag von der zuständigen Behörde erstattet (§ 56 Abs. 5 IfSG).
Grundsätzlich sollten Arbeitgeber und Arbeitnehmer versuchen, hier eine pragmatische Regelung zu finden (Home-Office, Urlaub, Teilzeit, unentgeltlicher Urlaub, Aufbau Negativstunden etc.). Dies gilt erst recht für Fälle, in denen das Kind älter ist als 13. Zwar gibt es hier keine gesetzliche Entgeltfortzahlungspflicht. Dennoch benötigt auch ein 13jähriges Kind Aufsicht und z.B. Betreuung bei den Hausaufgaben und kann nicht 10 Stunden täglich allein gelassen werden. Wenn der Arbeitnehmer keine anderweitigen Betreuungsmöglichkeiten hat, wird er vom Arbeitgeber verlangen dürfen, für einen begrenzten Zeitraum den Umfang (z.B. Teilzeit) oder die Verteilung der Arbeitszeit anzupassen oder die Möglichkeit der Arbeit vom Home-Office zu gewähren, soweit dem keine betrieblichen Gründe entgegenstehen.
4. Was gilt für Selbstständige und Freiberufler?
Selbständige und Freiberufler, die aufgrund des Infektionsschutzgesetzes (IfSG) einem Tätigkeitsverbot unterliegen oder quarantänisiert wurden, erhalten in gleicher Weise eine Entschädigung für den erlittenen Verdienstausfall, wie Arbeitnehmer. Kommt es zu einer Existenzgefährdung, können sie auf Antrag auch Mehraufwendungen und die weiterlaufenden nicht gedeckten Betriebsausgaben erstattet erhalten (§ 56 Abs. 4 IfSG).
5. Welche Fristen gelten für Erstattungsansprüche gem. IfSG?
Entschädigungsansprüche sind binnen einer Frist von drei Monaten nach Beendigung der Quarantäne bei den zuständigen Landesbehörden geltend zu machen (§ 54 IfSG).
6. Bei welcher Behörde sind Erstattungsansprüche gem. IfSG geltend zu machen?
Zuständige Behörden gem. § 54 IfSG sind regelmäßig die Gesundheitsbehörden. In NRW sind es die Landschaftsverbände, für die Regierungsbezirke Köln, Düsseldorf, Arnsberg, Detmold und Münster ist es der Landschaftsverband Rheinland (LVR) in Köln.
7. Welche Pflichten haben Arbeitgeber in Zeiten von Corona?
Im Rahmen der allgemeinen Fürsorgepflicht muss der Arbeitgeber seine Mitarbeiter über Risiken informieren und in zumutbarer Weise vor Risiken schützen. Welche Maßnahmen angezeigt sind, hängt auch von der Eigenart des jeweiligen Betriebs ab. Im Allgemeinen wird der Arbeitgeber aber dazu verpflichtet sein,
- sich auf dem aktuellen Stand zu halten (z.B. durch Infos des Robert-Koch-Instituts),
- die wichtigsten Infos an den Betriebsrat bzw. die Mitarbeiter weiterzuleiten,
- unnötige Termine und Dienstreisen abzusagen,
- Gemeinschaftsräume (z.B. Teeküchen) zu schließen,
- Versammlungen zu verbieten und
- Hygienemaßnahmen zu verschärfen.
8. Gibt es ein Recht auf Homeoffice?
Es gibt kein allgemeines Recht auf Heimarbeit. In manchen Unternehmen gibt hierzu Regelungen, wobei auch diese dem Arbeitnehmer meist keinen Anspruch auf Home-Office zugestehen.
Je nach Infektionsrisiko ist der Arbeitgeber aber gut beraten, Möglichkeiten der Heimarbeit ergebnisoffen zu prüfen und abzuwägen. Wie bereits oben dargestellt, kann es in Ausnahmefällen (z.B. außerordentliche Schließung Kita/Schule) auch zumutbar sein, für eine begrenzte Zeit Heimarbeit zu gewähren, damit der Arbeitnehmer seiner elterlichen Fürsorgepflicht nachkommen kann.
9. Kann der Arbeitnehmer gezwungen werden, im Homeoffice zu arbeiten?
Nein, jedenfalls nicht, solange eine solche Pflicht nicht bereits im Arbeitsvertrag vereinbart wurde. Heimarbeit bedarf der Zustimmung des Arbeitnehmers.
10. Muss der Arbeitnehmer während der Corona-Krise Dienstreisen antreten?
Sofern die Durchführung von Dienstreisen zu seinen Aufgaben zählt, darf sich der Arbeitnehmer nicht aus allgemeiner Angst vor Ansteckung weigern. Wann die Grenze der Zumutbarkeit überschritten ist, wird stets am Einzelfall abzuwägen sein. Hier geben Reisewarnungen des Auswärtigen Amtes eine gute Orientierungshilfe.
Selbstverständlich sollte es bei allen auftretenden Problemen stets oberstes Ziel für Arbeitgeber und Arbeitnehmer sein, eine gemeinsame Lösung finden.
Wenn Sie darüber hinaus Fragen haben, schicken Sie uns gern eine E-mail (info@gssr.de) oder rufen uns an auf unserer Hotline für Arbeitsrecht: 0221-39924-20.