Infolge der Corona-Pandemie haben sämtliche Bundesländer in Abstimmung mit der Bundesregierung Verordnungen erlassen, um die Zahl neuer Infektionen möglichst niedrig zu halten. Zwar sind das Handwerk und der Dienstleistungssektor in Deutschland nicht unmittelbar von Verboten betroffen wie beispielsweise der Einzelhandel oder der Freizeit- und Vergnügungssektor.
Im Rahmen dieser Verordnungen wurden jedoch unter anderem ein sogenanntes „Kontaktverbot“ verhängt, innereuropäische Grenzen sowie Schulen und Kindertagesstätten geschlossen. Zudem ist die Logistikbranche derzeit primär damit beschäftigt, den Bedarf an Lebens- und Hygieneartikeln zu decken.
Dies führ teils unmittelbar, zumindest aber mittelbar dazu, dass es zu erheblichen Störungen im Betriebsablauf und damit verbundenen rechtliche Probleme kommt und zunehmend auch kommen wird:
- Nicht nur müssen sich mehr und mehr Arbeitskräfte sowie Architekten und Ingenieure um die Kinderbetreuung kümmern.
- Baustellen im europäischen Ausland können zudem nicht oder nur noch mit erheblichen Einschränkungen angefahren werden, da Grenzen geschlossen sind oder Grenzkontrollen durchgeführt werden,
- Arbeitskräfte aus dem europäischen Ausland fallen auf den Baustellen aus und
- zunehmend fehlen dringend benötigte Baumaterialen.
Da hierdurch Störungen im Betriebsablauf und einhergehende Bauzeitverzögerungen meist unvermeidbar sind, wird sich für viele Auftraggeber und Auftragnehmer die Frage stellen müssen, ob der Bau- oder Architektenvertrag mit dem jeweiligen Vertragspartner noch erfüllt werden kann. Sollte diese Frage mit „Nein!“ zu beantworten sein, beispielsweise, weil keine zeitnahe Leistungsfähigkeit gegeben sein wird, so könnte und sollte der Vertrag einseitig beendet werden. Hierfür bietet sich entweder eine ordentliche Kündigung oder einen außerordentliche Kündigung aus wichtigem Grund an.
Die ordentliche Kündigung wird auch als freie Kündigung bezeichnet, da sie grundsätzlich ohne Voraussetzungen von dem Auftraggeber, auch als Besteller bezeichnet, erklärt werden kann. Da hieran jedoch sehr nachteilige und kostenintensive Rechtsfolgen für den Auftraggeber geknüpft sind, sollte dies zuvor gut überlegt sein. Nur in den seltensten Fällen ist deshalb eine ordentliche Kündigung das Mittel der Wahl. Denn unter anderem hat der Auftragnehmer einen Anspruch auf den vollen vereinbarten Werklohn abzüglich ersparter Aufwendungen – ohne dass er seine Werkleistung erbringen müsste!
Sinnvoller kann es deshalb häufig sein, eine außerordentliche Kündigung auszusprechen und hiermit den Bau- oder Architektenvertrag mit sofortiger Wirkung zu beenden. Der Auftragnehmer hat dann nämlich nur einen Werklohnanspruch für die bereits erbrachten Leistungen.
Da ihm darüber hinaus aber auch Schadensersatzansprüche zustehen, muss sichergestellt werden, dass die außerordentliche Kündigung auch wirksam ist. Hieran sind jedoch hohe Voraussetzungen geknüpft. Sind diese nicht erfüllt, ist die außerordentliche Kündigung unwirksam und wird ggf. sogar in eine ordentliche Kündigung umgedeutet. Zudem drohen Schadensersatzforderungen des Auftragnehmers.
Eine außerordentliche Kündigung sollte deshalb stets nur in enger Abstimmung mit einem Rechtsbeistand ausgesprochen werden!
Wenn Sie eine außerordentliche Kündigung erhielten, sollte immer sofort geprüft werden, ob diese wirksam ist. Ist sie es nicht, könnte der Bau- oder Architektenvertrag gleichwohl weiterhin wirksam sein. Zudem könnten Ihnen Schadensersatzansprüche gegen die andere Vertragspartei zustehen.
Hieraus ergeben sich für Bauunternehmen, Architekten und Ingenieure – also Auftragnehmer ‑ vielfältige rechtliche Fragen, nämlich u. a.
- Kann der Bau- oder Architektenvertrag außerordentlich gekündigt werden?
- Wie verhalten, wenn der Auftraggeber eine außerordentliche Kündigung aussprach?
- Ist die außerordentliche Kündigung wirksam und der Bau- oder Architektenvertrag beendet worden?
- Wie muss die Schlussrechnung erstellt werden?
- Ist Rechtsschutz gegen die außerordentliche Kündigung möglich?
- Besteht ein Schadensersatzanspruch?
Auch für Auftraggeber und Bauherren stellen sich rechtliche Fragen, wenn auch aus der anderen Perspektive:
- Kann der Bau- oder Architektenvertrag außerordentlich gekündigt werden?
- Wie verhalten, wenn der Auftraggeber eine außerordentliche Kündigung aussprach?
- Ist die außerordentliche Kündigung wirksam und der Bau- oder Architektenvertrag beendet worden?
- Wie muss der Auftragnehmer die Schlussrechnung erstellen?
- Ist Rechtsschutz gegen die außerordentliche Kündigung möglich?
- Besteht ein Schadensersatzanspruch?
Vorsorge für die Zukunft:
Die Corona-Pandemie zeigt auch, dass jedenfalls bei neuen Vertragsabschlüssen solche Themen möglichst explizit geregelt werden sollten. Dies gilt gleichermaßen für Auftraggeber und Auftragnehmer.